Schwarze Kunst: Ein Buchstabe wird ausgewechselt

Ein Buchstabe wird ausgewechselt Nicht nur flüssige Begriffe, auch nahrhafte Ausdrücke waren im Druckergewerbe gebräuchlich. Das heute noch geläufige Wort Brotschrift erläuterte vor mehr als hundert Jahren August Marahrens, Verfasser eines „Vollständig theoretisch -praktischen Handbuchs der Typographie nach ihrem heutigen Standpunkte“ so: Brotschrift „ist ein Ausdruck, welcher aus der Zeit, wo die Buchdrucker ausschließlich ihren Erwerb aus dem Druck und Verkauf von Büchern erzielen mußten, stammt; weil die zu einem Buche verwendete Schrift eben zum Broderwerbe diente, so nannte man eine solche Brodschrift“.

Zum Brot gehören Fische, das weiß schon die Bibel, nicht von ungefähr Gutenbergs erstes Druckwerk. Ein Fisch ist eine Letter, die sich in fremdem Gewässer - sprich in einem falschen Fach des Setzkastens - aufhält.

Im allgemeinen verfügen die Druckereien über wenigstens ein Dutzend verschiedener Schriftarten, und je nach dem Charakter des herzustellenden Erzeugnisses wird die am besten passende ausgesucht.

Haben sich nun Typen einer anderen Schriftart in den Drucksatz eingeschlichen, werden diese Zwiebelfische genannt. Wenn während des Setzens nicht sorgfältig genug gearbeitet worden ist, kann so mancher Fischhaufen entstehen, der in der Regel erst im Korrekturabzug entdeckt wird, und der den Setzer - mit Verlaub gesagt - nicht wenig anstinkt. Er ist selbstverständlich mit der allergrößten Sorgfalt zu liquidieren - Zwiebelfisch für Zwiebelfisch.

Ein unordentlicher Setzer wird viel mehr als seine sorgfältig arbeitenden Kollegen Zwiebelfische fabrizieren. So weiß unter Fachleuten jeder, daß ein nicht gerade tüchtiger Setzer gemeint ist, wenn man jemanden als Zwiebelfischkrämer bezeichnet.

Zwiebelfischbude ist folgerichtig ein abwertender Ausdruck für die Druckerei.

Wenn Sauerkraut zu machen ist, geht es um eine Arbeit, die bereits bezahlt ist. Im günstigsten Fall hat man einen Vorschuß bzw. eine Vorausbezahlung erhalten. Hat man Pech, muß Sauerkraut gemacht werden, weil der Kunde das gelieferte Erzeugnis nicht akzeptiert. Inzwischen ist es der Normalfall, daß die Druckereien Süßkraut machen: Arbeit, die bei Auslieferung bezahlt wird.

Warum es gerade Schmorkohl sein muß, der als sinnbildlicher Ausdruck für leicht zu fertigende Druckarbeit verwendet wird, wissen wir nicht.

Eierkuchen ist nichts für Leckermäuler, sondern verursacht beim Setzer eher Magendrücken. In seiner Sprache ist das ein Wirrwarr ineinander verschobener Buchstaben, als habe jemand mit einem Quirl die Lettern verrührt - wie beim Rühren von Eierkuchenteig.

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