Öffentlichkeitsarbeit? Nicht so wichtig

■ Vorsichtig ausgedrückt, ist der US-Widerstand gegen IWF und Weltbank in erster Linie unauffällig

Washington (taz) - Für Berliner Verhältnisse vor Jahresfrist noch undenkbar, so stehen hier beide Etablissements da. Bar jeden Gebäudeschutzes blicken sie sich friedlich über die 19. Straße in Washington DC hinweg an: Auf der einen Seite der Internationale Währungsfonds (IWF), gegenüber die Weltbank, an deren Grundfesten in Berlin noch Tausende handfest rütteln wollten, die nur von Zehntausenden von Polizisten davon abgehalten werden konnten.

Doch hier herrschen Washingtoner Verhältnisse, und die sehen so aus: Während der ersten Tage der Weltwährungstagung im großartigen zehnstöckigen IWF-Gebäudekomplex tagt die Opposition gleich nebenan in der winzigen Presbyterianer -Kirche. Sie steht direkt Wand an Wand zum IWF, verdunkelt aber schon nicht einmal mehr die Fenster des zweiten Stocks der Mega-Institution.

Im Keller fanden sich hier rund 50 Leute zusammen, die Schemata für mehr Bildungsarbeit über die Politik von IWF und Weltbank an der Schiefertafel entwarfen. Von den über tausend IWF-Fachjournalisten, die sich nebenan akkreditiert haben, hat davon keiner etwas mitbekommen, sie wurden nirgendwo angesprochen.

Gleich gegenüber wird eine Demonstration stattfinden, die auf Symbolträchtigkeit ohne Öffentlichkeitswirksamkeit angelegt ist. Die unter den US-Gruppen als militant geltenden Organisationen Earth First und das Rainforest Action Network werden sie veranstalten. Läuft es wie das letzte Mal vor zwei Jahren, so sieht es so aus: 42 Leutchen, drei Kinder und ein gutmütig gesinnter Hund stehen auf der gegenüberliegenden Straßenseite und verhandeln mit der Stadtpolizei. Nicht acht Minuten, wie gefordert, sondern nur vier Minuten dürfen sie den Eingang der Weltbank aus Rache für deren tropenwaldgefährdende Staudammprojekte blockieren. So lautet die endgültige Vereinbarung zwischen Waldschützern und Polizei. Anschließend werden sie mit Handschellen im Polizeifahrzeug abtransportiert und darob eine kurze Notiz in der Stadt-Presse ernten. Auch in diesem Jahr hat keiner daran gedacht, die vierstellige Journalistenschar auch nur versuchsweise zu informieren (siehe letzten Absatz oben).

Seit Sonntag tagen zwei Kilometer weiter die etablierten Nichtregierungsorganisationen (NGOs) aus der Umweltbewegung. Rund sechzig, siebzig Gruppen sind hier versammelt, die Hälfte davon aus den USA oder Kanada, und insoweit auch äußerst finanzkräfig und angesehen. „Hier wird über die Lobby-Arbeit beraten, mit der man auf leisen Sohlen auf die Weltbank - und seit einiger Zeit auch auf den IWF einwirken will. Das Treffen wird bis Freitag dauern. Anschließend gibt es eine Pressekonferenz, wenn die internationalen Medienvertreter gut zwei Tage zuvor schon die Stadt verlassen haben. Der Hinweis, daß sie zu diesem späten Zeitpunkt doch sinnlos sei, wird mit „many thanks“ aufgenommen. Genau dies war aber vor zwei Jahren an derselben Stelle auch der Fall.

Ulli Kulke