Maschinenstürmerei und Kulturrevolution!

■ Forschungsmittel-Stopp im Abgeordnetenhaus diskutiert Momper fordert die CDU auf, in Bonn zu intervenieren

Einen einmaligen Vorgang, der in die „Tendenz des Verfassungsbruchs gerät“, nannte gestern der SPD -Fraktionsführer Staffelt den Beschluß des Bundesforschungsausschusses, Berlin vorläufig keine neuen Forschungsprojekte mehr zu bewilligen. Das Abgeordnetenhaus diskutierte in einer von der CDU geforderten und unter Zustimmung von AL, SPD und „Republikanern“ einberufenen Aktuellen Stunde den Bonner Beschluß. Nach einer eineinhalbstündigen Debatte wurde gegen die Stimmen von CDU und REPs die Bundesregierung aufgefordert, die Entscheidung des Bundesforschungsausschusses im Interesse der Rechtseinheit Berlins mit dem Bund „unverzüglich zurückzuweisen“. In Berlin sollten auch in Zukunft, wie in allen anderen Bundesländern, neue Forschungsprojekte begonnen und mit Bundesmitteln unterstützt werden.

Es kommt nicht jeden Tag vor, daß das Parlament mit fraktionsübergreifenden Mehrheiten Beschlüsse faßt, und so war man gespannt. Doch die inhaltliche Debatte hielt der Erwartung nicht Stand. Die CDU nutzte die Gelegenheit, dem Senat Forschungsfeindlichkeit vorzuwerfen. Die Genehmigung des Forschungsreaktors am Hahn-Meitner-Institut werde bewußt verzögert. „Alles, was ihnen nicht paßt, wird eliminiert“, meinte der Abgeordnete Schütze mit Blick auf die Akademie der Wissenschaften weiter. Der Ex-Senator Pieroth fürchtet um die Arbeitsplätze. Ein „knappes Jahr“ werde die Wirtschaft „noch laufen“. Hören sie auf mit der „Maschinenstürmerei und der Kulturrevolution“, rief er dem Regierenden Bürgermeister zu. Um eine Bewertung des Bonner Beschlusses aber drückte sich die CDU. Der Abgeordnete Schütze betonte lediglich, er sei gegen jede Einschränkung von Forschungsmitteln in Berlin.

Momper forderte die Opposition auf, gegen den Bonner Boykott „Front zu machen“ und auf ihre Parteifreunde einzuwirken. Auch die Opposition habe eine Verantwortung für die Stadt. Was die Akademie der Wissenschaften angehe, so habe der Senat „Prioritäten“ gesetzt und die seien zugunsten der Hochschulen ausgefallen. Die zuvor von ihm benannten Forschungsvorhaben der Akademie (ökologischer Stadtumbau, Sozialverträglichkeit von Technikentwicklung) nannte er „elitären Luxus“. Die AL-Abgeordnete Schramm sagte, sie werde sich von den „ewig gleichen Argumenten“ der CDU nicht irritieren lassen. Der Bonner Beschluß sei eine „Erpressung“. Das fand auch ihr Fraktionskollege Statz und wunderte sich außerdem, daß die Rechtseinheit mit dem Bund von der CDU Berlin an dieser Stelle, wo die CDU Bonn gegen die Stadt entscheidet, nicht eingeklagt werde.

bf