Glückwunsch, Herr Deng!

Schwer, sich die Situation bildhaft vorzustellen. Es mag doch zu geschmacklos sein. Wenn am kommenden Montag das Bonner Diplomatische Korps in der Botschaft der Volksrepublik China zu Tisch sitzt, wird die Empörung über das Massaker vom 4.Juni kein Thema mehr sein. Schließlich wird ein bedeutsameres Ereignis gefeiert: der 40.Geburtstag der Volksrepublik. Und als Vertreter der Bundesrepublik wird Außenamts-Staatssekretär Jürgen Sudhoff in aller Form Glückwünsche überbringen.

Einigen Mitgliedern der grünen Bundestagsfraktion scheint die peinliche Feier nicht egal zu sein. „Die KPCh betreibt eine schlimme Kampagne gegen die Bewegung, die Demokratie will und dafür ihr Leben aufs Spiel gesetzt hat“, heißt es in einem Brief von Helmut Lippelt, Jutta Oesterle-Schwerin und Antje Vollmer an den Botschafter der VR China. „Darum können und wollen wir nicht mit den Verantwortlichen für die fortwährenden Menschenrechtsverletzungen in China zusammen feiern.“ Und Petra Kelly findet es „unterträglich“, daß sich das Auswärtige Amt über die Bundestagsbeschlüsse hinwegsetze.

Der hat nämlich am 15. Juni in einem Entschließungsantrag aller Parteien festgestellt: „Die jüngsten Ereignisse haben den Vorhang zerrissen, der die vielfältigen polizeistaatlichen Eingriffe in die Menschenrechte der Bürger der letzten Jahre verdeckt hatte.“ Gefordert wurde, „die Kontakte auf hoher politischer Ebene bis auf weiteres ausgesetzt zu halten“. Eine Woche später legte das Parlament noch einmal nach: Die chinesische Regierung habe alle ausländischen Proteste gegen Verhaftungen und Repressionen „bisher taten- und kommentarlos übergangen“. Deshalb solle alle Finanzhilfe an das Regime in Peking eingestellt werden.

Das sei im Auswärtigen Amt durchaus nicht vergessen worden, stellte ein Sprecher der taz gegenüber fest. Vielmehr habe die Bundesregierung zum 40. Jahrestag der Volksrepublik China eine einheitliche Linie ausgearbeitet. So werde lediglich in Peking der Botschafter an den Feierlichkeiten teilnehmen, in allen anderen Ländern nur ein untergeordnetes Mitglied der Botschaft - auf jeden Fall „kein Militärattache“. Und in die Bonner chinesische Botschaft werde man „keinen hochrangigen Vertreter“ und dann auch „nur aus einem Ressort“ entsenden. Ist ein Staatssekretär etwa kein hochrangiger Vertreter? Das wolle er damit nicht sagen, meinte der Minsteriumssprecher. Bei den Glückwünschen handele es sich im übrigen um die bei solchen Festtagen „übliche diplomatische Geste“. Aber darum gerade scheint es doch den Bundestagsabgeordneten gegangen zu sein: daß nach dem Massaker auf dem Tiananmen auch „das Übliche“ nicht mehr hinzunehmen ist.