WENN WELSE WEINEN

■ Vom endgültigen Absaufen des Fischbüros

Daß der Berliner Fisch schon vor mindestens einem Jahr qualvoll verreckt ist, scheint den Betreibern des entsprechenden „Büros“ noch nicht aufgefallen zu sein. Kein Wunder also, daß die donnerstägliche „Benefizbüroparty“ weder auf reges Publikumsinteresse stieß, noch überhaupt irgendwie auch nur im entferntesten etwas mit Kurzweile zu tun hatte. Man hatte sich jedoch entschlossen, den Fisch des Nachts in Schöneberg noch einmal kräftig in den Abgrund zu schubsen, denn schließlich brauchte man wohl Geld. Angesichts einiger durch Acid-Parties und Interfish-Records entstandenen Schulden kam das Opfer „Fisch“ gerade recht.

Getreu dem Motto „It's not me who smells fishy“ fanden sich die wenigen letzten Freunde und Gönner, Zugereiste und die unvermeidliche Mützen-Fraktion im „Ufo“ am Kleistpark ein. Das einzige, was noch mit dem wirklichen Fischbüro etwas zu tun hatte, waren die beiden Reiseschreibmaschinen in der Ecke. Doch auf denen klemmten die halben Pobacken von schwarzgekleideten Studentinnen aus Bielefeld. Vom Rednerpult weit und breit keine Spur, auch hatte man sich steif und fest der Zeitkrankheit „Konsum-von-Amüsement-bloß -nicht-selber-machen-oder-etwa-den-Mund-aufreißen“ verschworen. Man war glücklich, daß ein paar Dille-Tanten und -Onkels sich bereit erklärt hatten, sich da zu blamieren, man fand das natürlich auch „ganz toll“. Den Anfang machten „Schopenhauers“ mit einer beeindruckenden nichtssagenden Show, keine Stimmen, keine Stimmung. Gefolgt von „Martin und ich“ - vier bedauernswerte Zeitgenossen, die es sich zum Ziel gesetzt hatten, zu einer Musik (die sie wohl vorher noch nie gehört hatten) spastische Verrenkungen und vermutlich witzige Grimassen zu präsentieren. Aber erst, nachdem ein Bandsalat ihnen mächtig den Anfang versaut hatte. Sinnloses Hantieren mit der Prothese eines linken Beines auf der Bühne, enttäuschte Gesichter an der Bar, kein Space-Bier, das hatte man vergessen zu besorgen.

Nicht einmal die Fischbüro-Forschung war in der Lage, hier noch abschließende Ergebnisse zu Gehör zu bringen. Weder das L.A.S.S.I.E. (Libertäre Agentur Sämtlicher sexueller Ideen und Erfahrungen) noch das F.U.R.Y.-Institut (Futuristisches Rückwärts-Yoga), ganz zu schweigen vom F.L.I.P.P.E.R. -Research (Föderation Leicht Integrierbarer Produktionsprozesse Egaler Richtungen) waren überhaupt noch im Gespräch. Diva Käthe ließ dann mit einer DJ-Performance noch auf sich warten. Doch dann schrubbte er hilflos auf Plastikbechern herum, die auf seiner „X-Pro-Bam-2001-DM„ -Installation standen, und seine Musikalität wurde beim Quasi-Synchron-Schrubben mit Curtis Blow auf eine harte Probe gestellt. Zum Schluß steckte er einfach kurzerhand mit Spiritus die ganze Geschichte in Brand. Als der Kleinst -Brand, ohne mit der Wimper zu zucken, einfach gelöscht wurde, beschwerte er sich, daß es „letztes Mal wenigstens eine kleine Panik gegeben“ habe! Dafür fehlte den Umherstehenden einfach das Temperament. Man glotzte. Man konsumierte.

Mangelnde Panik gab es auch bei den verkrachten Ute Lempers von den „Lassie Singers“. Bis nach der vierten Nummer waren die Damen klasse, man verzieh die mangelnde stimmliche Übereinstimmung, beobachtet noch wohlwollend die euphorisierten besten Freundinnen in den ersten Reihen. Enge Lederhosen gröhlten weinselig zu „Ein Schiff wird kommen“, das Publikum wurde zusehends scharf wie Pumakacke. Doch der Keksdosen-Sound vergällte einem den Rest der Darbietung vollkommen, nein, da wurde keine Gesangslinie gehalten.

Wehmütig erinnerte man sich an die Besuche im Fischbüro von einst, ohne Erwartungen kam man, und die wurden immerhin oft übertroffen. Bis die Horden strömten. Bis sich die Underdogs gar nicht mehr trauten, die besten Verkehrsunfälle, die sie je gesehen hatten, spontan vom Rednerpult zu schleudern, bis es losging mit dem Fisch-Labor, den Interfish-Records, den Acid-Parties und all dem Müll, der da so in den Geldbörsen der Berliner rumfischte. Die Wohnzimmer-Atmo, die Verrückten und Beknackten, die Trinker, die Dichter, der Unsinn und der gemeine Straßen-Popanz waren spätestens beim zweiten Geburtstag des Fischbüros schon redlich angeschlagen, wenn nicht schon ganz verschwunden. Die Kohle macht also doch den Ton, überall.

Für diese Erkenntnis fünf Mark an einem Donnerstag, schönen Dank auch. Sie werden noch die ganze Nacht geglotzt und getrunken haben, ich zog es vor, um viertel nach zwei das Weite zu suchen und meine Enttäuschung mit einer Dose Heringsfilet in Tomantensoße herunterzuschlucken. Schmeckte besser als der ganze Abend, im übrigen.

Tine Wagnis