Das gibt zu denken-betr.: "Grüne fordern Mandat von Piermont zurück", taz vom 27.9.89

betr.: „Grüne fordern Mandat von Piermont zurück“,

taz vom 27.9.89

„Ein neuer Fall von Trude Unruh“, schreibt Ihr zum Austritt Dorothee Piermonts aus der grünen Europafraktion. Ich finde, da tut Ihr Trude unrecht.

Erstens ist Trude nicht freiwillig aus der Bundestagsfraktion ausgetreten, sondern ausgeschlossen worden. Zweitens würde sich Trude nie mit solchen Halbheiten abgeben wie Fraktionsaustritt, sondern gleich eine neue Partei gründen. Drittens hat Trude mit Parteiwechseln viel größere Erfahrung. Viertens wäre Trude niemals wegen „einseitiger Ausrichtung der Parlamentsarbeit, Verzichts auf emanzipatorische Frauenpolitik und eines Abdriftens nach rechts“ (O-Ton taz) aus der grünen Fraktion ausgetreten, sondern weil die Grünen ihr nicht die Knete geben wollten, die sie verlangte.

Richtig ist: In der langen Reihe grüner FraktionsabweichlerInnen ist Dorothee Piermont die erste Linke, obwohl es gerade linken Abgeordneten in der Vergangenheit an Gründen für einen solchen Schritt bestimmt nicht gefehlt hätte. Ganz unabhängig davon, ob man einen Fraktionsaustritt für die beste aller denkbaren Konsequenzen im Konflikt zwischen Abgeordneten und Fraktion hält: Dorothee Piermonts Argumente können für Linke alles andere als abwegig sein. Dennoch nennen Linke im Bundesvorstand der Grünen in apparate- und staatstragender Manier diese Argumente „dummes Zeug“. Das gibt mir sehr zu denken. Euch nicht?

Michael Schroeren, Hennef