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Perfide Mischung-betr.: dito

betr.: dito

Werner Sauerborn hat hier eine sehr perfide Mischung von Patriarchatskritik und Forderungen nach neuen (?) Vaterrechten zusammengeschrieben. Daß erstere nicht tief genug geht, soll im folgenden belegt werden.

1. Das Sorgerecht der Frau ist kein genuin patriarchales Recht. Im klassischen Patriarchat lagen alle Rechte beim Vater, egal wer die Sorge trug. Daß Frauen im bürgerlichen Zeitalter gewisse Rechte als Mutter, nicht als Frau besitzen, hängt damit zusammen, daß sie als Hausfrau und Mutter idealisiert und gleichzeitig entwertet werden. Aber dies ist keine „Domäne“, die mit den Männerprivilegien auf einer Stufe steht.

2. Väter sind als aktive Väter in dem Sinne diskriminiert wie ein Manager, der sein Büro selbst putzt. Ist dann der Manager diskriminiert oder das Putzen? Sorgende Väter haben es schwer, weil sie gering geschätzte Frauentätigkeiten ausüben. Sie haben damit lediglich Anteil an der Diskriminierung von Frauen und werden nicht als Väter diskriminiert.

3. Besonders kraß fällt auf, mit welch bissiger Attitüde Verhaltensweisen von Frauen seziert werden („Mütterlichkeitsmythen“, „Platzhirschattitüde“, „Willkür“ und „Güsto„-Entscheidungen, „alttestamentarische Rache“, etc.). Demgegenüber bekommen auch „chauvinistische“ Väter reichlich Verständnis, ihr Verhalten gilt als „problematisch, wenn auch nachvollziehbar“.

4. Voraussetzung für die Forderung nach neuen Vaterrechten ist unseres Erachtens die radikale Selbstreflexion auf eigene Verhaltensdefizite von Männern. Diese liegen insbesondere im Bereich von Kommunikationsunfähigkeiten von Männern, die oft genug zu gerade den unerbittlichen Trennungen führen. Danach möchte Herr Sauerborn jedoch nicht gefragt werden: „Die Gründe für die Streitigkeiten aufzuklären kann von niemandem verlangt werden...“

5. Wir stimmen zu, daß der Kampf gegen das Patriarchat nur mit den Frauen gewonnen werden kann. Das trifft dann aber auch auf Partnerkonflikte zu! Männer müssen verstehen lernen, was sie zur Eskalation im Trennungsfall beitragen, müssen einigungsfähig werden, bevor sie sich vorschnell wieder an Gerichte wenden.

6. Dann noch von Frauen zu fordern, ambivalenzfrei („Frauen müssen sich entscheiden“) ihre „Vorrechte“ aufzugeben, während sie weiter schlechter bezahlt, sexuell belästigt werden und an Machtpositionen nur unterrepräsentiert teilhaben, läßt die frauenfreundliche Maske fallen.

Es gibt noch viel Diskussionsbedarf, auch unter uns Männern. Am 13.10.89 um 19.30 Uhr haben wir den Väteraufbruch in die Berliner „mannege“ hierzu eingeladen. (Infos unter 030/882 6808).

Matthias Bisinger, Gerhard Hafner, mannege berlin

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