Gesamtbild

Am 23.6. haben wir auf dem Winterfeldplatz 48 Bilder zu einem ca. 60 Quadratmeter großen Gesamtbild zusammengelegt. Dieses Bild wurde wieder auseinandergerissen, seine Einzelteile verpackt und dann über die Hochschulleitung (HdK Berlin) den Gefangenen aus RAF und Widerstand in die Knäste geschickt, damit das Gesamtbild durch die Zusammenlegung in absehbarer Zukunft wieder entstehen kann.

Mit dieser Aktion haben wir versucht, den Gedanken der Zusammenlegung mit künstlerischen Mitteln umzusetzen, und gleichzeitig Öffentlichkeit für die Kämpfe aller Gefangenen herzustellen. Die Bilder sind darüber hinaus für uns ein konkreter Anknüpfpunkt einer Auseinandersetzung und Diskussion mit den Gefangenen.

Vorrangiges Ziel ist es jetzt, die Bilder durch die Zensur zu den einzelnen Leuten reinzukriegen. Bisher wurden 21 von den 48 Bildern von den Knästen angenommen; davon wiederum nur sieben den Gefangenen wirklich ausgehändigt (so den Frauen, die nur in der Kleinstgruppe in Lübeck gefangen sind: Irmgard Möller, Christine Kuby, Hanna Krabbe und Gabriele Rollnik - sowie den mittlerweile entlassenen: Isolde Bohler, Dieter Faber und Susanne Paschen). Hans Deutzmann und Angelika Goder konnten die Bilder aufgrund von Haftverschonung beziehungsweise Haftunfähigkeit persönlich gebracht werden.

Alle übrigen Bilder wurden von den Knastleitungen beziehungsweise Strafsenaten der Oberlandesgerichte zurückgeschickt - zum Teil kommentarlos! Selbst die Poster, die das Gesamtbild zeigen und den Gefangenen erst die Idee der Aktion vermitteln können, wurden nur in den sieben Fällen ausgehändigt.

Fast vier Monate nach Beendigung des Hungerstreiks werden den Gefangenen die Bedingungen ihrer Kommunikation untereinander und mit draußen, massiv erschwert: Briefe von Zelle zu Zelle dauern über zwei Wochen, Umschlußzeiten werden gekürzt, Besuchsverbote entlassenen politischen Gefangenen erteilt, Briefe verstärkt angehalten, offene Briefe von Gruppen als „nicht individuelle“ abgelehnt.

Die Lebensbedingungen der Gefangenen können weiter verschlechtert werden, solange dies nicht von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Zum Beispiel lenkte Justizsenatorin Limbach in der lebensbedrohlichen Phase des Hungerstreiks von den eigentlichen Konflikten ab, indem sie erklärte: „Ich habe mir (...) angesehen, unter welchen Bedingungen unsere beiden Häftlinge in Berlin untergebracht sind. Materiell betrachtet, leben sie ganz kommod. Ja, das Studentenzimmer meiner Tochter ist nicht besser eingerichtet, als die Zelle der beiden Frauen.“ ('Spiegel‘ 10.4.89).

Die Sorge um das Wohl der Gefangenen ist auch in Anhaltebeschlüssen zu finden. Die Gefangenen sollen vor Einflüssen geschützt werden, die sie in ihrer „staatsfeindlichen Haltung“ bestärken könnten. Momentan werden sie vor unseren Bildern geschützt!

StudentInnen der HdK Berlin