: Das Wesen der Thais-betr.: "Birmas Militärs bauen auf fremde Hilfe", taz vom 20.9.89
betr.: „Birmas Militärs bauen auf fremde Hilfe“,
taz vom 20.9.89
Der Artikel zerfällt in zwei Teile; der erste skizziert die politische Entwicklung Birmas und das Verhältnis zur BRD, der zweite beschreibt die Beziehungen zum Nachbarland Thailand.
Im ersten Teil wird eine Firma benannt, die offenbar seit Jahrzehnten Waffengeschäfte mit dem Regime in Birma tätigt; die Politik der Bundesregierung wird dargestellt, auf Anfragen der Opposition im Bundestag wird hingewiesen, von einem Birma-Seminar in Berlin wird berichtet. Dazu ist noch einiges über die Verhältnisse und verschiedenen Interessen in Birma zu erfahren (wobei leider unklar bleibt, wer und was denn eigentlich die mehrfach zitierten „Minoritäten sind).
Und was folgt im zweiten Teil? Den ziert die einzige Zwischenüberschrift des Artikels: „Die Taktik der Thais“. Jetzt ist Schluß mit der differenzierenden Betrachtung, jetzt spricht der Globalstratege. Ein ganzes Volk wird hier nicht nur für die Politik seiner Regierung verantwortlich gemacht, sondern auch gleich zum Täter erklärt. Die Begründung findet sich anscheinend im Charakter dieses Volkes: „Die Thailänder erweisen sich einmal mehr als gewiefte Taktiker“, heißt es weiter. „Einmal mehr“? Haben die Thailänder also schon seit je ein verschlagenes Wesen? Das überrascht, wo doch die Thailänderinnen so reizend und entgegenkommend sein sollen - und so preiswert. Aber vielleicht ergänzen sich beide Urteile ja besser, als es auf den ersten Blick scheinen mag.
Doch zum Ende macht der Artikel auch einiges wieder gut: „Andererseits hat Thailand durchaus Interesse an guten Beziehungen zum birmanischen Militärregime.“ Na bitte, auch mit solchen Leuten läßt sich reden, am besten auf deutsch. Auf der einen Seite, richtig benannt, das birmanische Militärregime und auf der anderen: „Thailand“. Das ist die sprachliche Abstraktion, die die Thailänder hier erfahren, wo wir von ihrem gemeinen Charakter absehen und sie auf ihre vernünftigen Interessen reduzieren. „Thailand“, da sind die rund 15 Prozent Chinesen, Malaien und andere ethnische Gruppen des Landes mitinbegriffen, auch wenn wir denen zuvor nicht in die Volksseele geblickt haben.
Was ist eigentlich so schlimm an so einem Artikel? Der Autor wird den Rassismus nicht beabsichtigt haben, er wird ihn gar nicht bemerkt haben, und das, das ist schlimm. Und der/die RessortleiterIn: nichts bemerkt? Sie Chefredaktion? Wer hat Korrektur gelesen? Auch nichts gemerkt? Nicht einmal einen Kommentar von d.SäzzerIn. Das ist furchtbar.
Man stelle sich den Artikel vor mit umgekehrten Vorzeichen. Zunächst ein differenziertes Bild der thailändidsch -birmanischen Beziehungen und anschließend „die Taktik der Deutschen“. „Wie zuletzt im Golfkrieg erweisen sich die Deutschen einmal mehr als gewissenlose Waffendealer.“ Das hätte garantiert auch den/die übernächtigsteN RedakteurIn vom Schemel gekippt.
Andre Geicke, Hamburg 50
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