Bonner Wohnungspaket

■ Billigere Kredite und höhere Abschreibungen für Umbauten, Dachterrassen und Studentenheime beschlossen / Ministerin Hasselfeldt warnt vor Aktionismus

Bonn (dpa) - Die Massenausreise aus der DDR machts möglich: Die Bundesregierung hat sich am Dienstag auf finanzielle Anreize zur schnellen Bereitstellung neuer Wohnungen geeinigt. Nachdem die Koalition bereits mittelfristige Schritte zur Ankurbelung des Neubaus beschlossen hatte, soll nun der schneller greifende Umbau bisher nicht genutzter Räume vorrangig mit billigen Krediten und wahlweise mit steuerlichen Abschreibungen gefördert werden. Im Mittelpunkt stehen Kreditmittel von insgesamt zwei Milliarden Mark über drei Jahre mit einer Zinsverbilligung von drei Prozent und steuerliche Sonderabschreibungen von fünf Jahre lang 20 Prozent.

Das jetzt geschnürte Paket zum Umbau bisher gewerblich oder landwirtschaftlich genutzter Gebäude für Wohnzwecke, zum Ausbau von Dachgeschossen und zum Bau von Studentenwohnungen und -zimmern in Heimen soll nach Angaben von Bundesbauministerin Gerda Hasselfeldt (CSU) sofort wirksam werden. Es gelte für alle Bevölkerungsgruppen „und nicht nur für DDR-Flüchtlinge oder Aussiedler“, betonte die Ministerin. Damit sollten jährlich zusätzliche 50.000 bis 100.000 neue Wohnungen geschaffen werden.

Aber nur keine Hektik: Eine weitere Erhöhung der Bonner Mittel für den sozialen Wohnungsbau, den die Regierung für das Jahr 1990 auf 1,6 Milliarden Mark aufgestockt hatte, könnte in „Aktionismus“ münden, meinte die Ministerin im Hinblick auf die erreichten Kapazitätsgrenzen am Bau und damit möglichen Preissteigerungen.

Nach der Koalitionsrunde führender CDU/CSU- und FDP -Politiker ließ sich die Ministerin von den Vertretern der Bauwirtschaft über die aktuelle Lage am Bau unterrichten. Während der Präsident des handwerklich orientierten Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, Eichbauer, die Maßnahmen in einem 'dpa'-Gespräch uneingeschränkt begrüßte, forderte der Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Herion, eher Maßnahmen zur Verstärkung des Neubaus.

Der Präsident des Deutschen Städtetages, der Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel (CDU), richtete in einem Schreiben einen dramatischen Appell an den Kanzler, mehr als in Bonn geplant für die Wohnungsversorgung zu tun. Die Lage werde durch die Flüchtlinge und Aussiedler verschärft. Nötig sei ein Programm über sieben Jahre mit zehn Milliarden Mark Zuschüssen, die vom Bund aufgebracht werden sollten. Rommel nutzte zugleich die Gunst der Stunde und empfahl, die vom Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) vorgeschlagene Naturschutzabgabe bei Bebauung von Flächen „nicht weiterzuverfolgen“.