Neu im Kino

■ „Blauäugig“ von Reinhard Hauff

Götz George hat es endlich geschafft: er spielt die Hauptrolle so, daß man nach fünf Minuten nicht mehr an Schimanski denkt. Als aus Deutschland nach Argentinien emigrierter Fabrikant, der durch seine Kinder aus seinen guten Verhältnissen mit der Junta gerissen wird und im Laufe des Films vom Mitläufer zum Opfer wird, hat George seine kraftmeierischen Manierismen abgelegt und rettet durch seine Intensität den Film gerade so über die Runden.

Ansonsten hat Reinhard Hauff, der Routinier mit politischem Anspruch, einen soliden Polit-Thriller gedreht - und das reicht in diesem Genre nicht mehr. Auch wenn der angestrengt konstruierte Plot sehr versucht, es zu kaschieren, ist „Blauaügig“ letztlich nur „Missing II“: die Geschichte des konservativen Vaters, dessen Kind von der Junta verhaftet wird und der im Laufe des Films anfängt, den Apparat der Diktatur zu durchschauen.

Der pädagogische Zeigefinger ist ein Handicap, das auch George nicht aufwiegen kann. Die mit „relevanten“ Informationen vollgestopften Dialoge wirken hölzern und klischeehaft. Und das Drehbuch ist nur die mechanische Vermittlung der Thesen durch Handlung, hinter der wenig wirkliche Erfahrung steckt. So ist es schon fast eine Beleidigung, wie dämlich die Oppositionellen dargestellt werden, denen etwa die Flugblätter direkt vor den Militärs aus der Tasche rutschen. Die Rückblenden, die von Neidorfs Kindheit erzählen davon, daß seine wirkliche Mutter ins KZ verschleppt wurde und er von deutschen Eltern zwangsadoptiert wurde, helfen der Figur und der Geschichte nicht weiter, durch sie wird nur die These illustriert, daß der alte und neue Faschismus sich kaum unterscheiden. In der letzten Szene geht dann die Aufgabe genau auf, und ein kleiner blonder Junge sieht Neudorf genau so an, wie er vor vierzig Jahren seine Eltern angesehen hat. Aber man merkt zu genau, daß dies bloß ein dramaturgischer Trick ist.

„Blauäugig“ läßt einen kühl und auch die ewige Trauermusik weckt nicht die Emotionen, durch die etwa die Filme von Costa Gavras so beeindrucken. Was bleibt, sind die Thesen und Fakten, die man genauer und eindrucksvoller in der Zeitung lesen kann. Und Götz George, der am Ende mit einer Pistole in der Hand doch wieder wie Schimanski aussieht.

W. Hippen

Studio, 15.30, 18, 20.30 Uhr