Nichts gegen friedliche Raumfahrt

Bruce Gagnon von der „Florida Coalition for Peace and Justice“  ■ I N T E R V I E W

taz: In der Kontroverse zwischen der NASA und Kritikern der Galileo-Mission hat die NASA zugeben müssen, daß das Unfallrisiko höher ist, als bisher zugegeben wurde. Wie kam es zu diesen Änderungen?

Bruce Gagnon: Die NASA hat einige Kalkulationen, die unabhängige Experten in ihrem Auftrag ausführten, einfach unter den Tisch fallen lassen. Als wir und später die Medien die Angelegenheit unter die Lupe nahmen, ging einer dieser Experten, Richard Cuddihy, mit seiner Kritik an die Öffentlichkeit. Die NASA war unverschämt genug, Cuddihy daraufhin zu diskreditieren. Er habe kürzlich einen Herzinfarkt erlitten, hieß es, und sei deshalb nicht verläßlich. Jedenfalls mußte die NASA die Wahrscheinlichkeit für einen Unfall, bei dem Plutonium frei wird, von eins in zehn Millionen (das war vor der Challenger-Explosion) auf eins in 430 senken. Eine so hohe Unfallwahrscheinlichkeit wäre beispielsweise für ein Atomkraftwerk oder eine Giftmülldeponie nicht akzeptabel.

Habt ihr Schwierigkeiten, die Bevölkerung für eure Sache zu motivieren? Immerhin ist die Raumfahrt ein Teil des „American Dream“.

Wir finden hier in Florida breite Unterstützung, seit die Zeitungen unser Anliegen aufgegriffen haben. Wir sind ja nicht gegen die friedliche Raumfahrt. Es gibt ja durchaus Alternativen zu den Plutonium-Generatoren auf der „Galileo“.

Welche Alternativen?

Da ist einmal die Möglichkeit, die Sonde mit einer unbemannten Rakete zu starten. Wir sind aber dafür, überhaupt kein Plutonium ins Weltall zu schicken. Wir sollten weder unsere eigene Atmosphäre noch jene des Jupiter mit Plutonium vergiften. Experten sind der Meinung, vorhandene Energietechnologien wie Solarzellen können so weiterentwickelt werden, daß sie sich auch auf dieser langen Mission fernab der Sonne als Energiequelle eignen. Der Nuklearphysiker Michio Kakuist ist überzeugt, daß man Batterien, wie sie in Taschenlampen oder Autos verwendet werden, als Stromerzeuger für die Sonde fertigen könnte. Das Problem ist, daß die NASA kein Interesse daran hat, nach Alternativen zu suchen. Sie arbeitet im Dienst des Pentagon. In einem kürzlich erschienenen Pentagon-Bericht heißt es, daß im Rahmen von SDI hundert Atomreaktoren auf Umlaufbahnen um die Erde gebracht werden müssen. Es sei notwendig, so der Report weiter, die Bevölkerung mit der Idee vertraut zu machen. Das Galileo-Projekt und der für 1991 geplante Start der Raumsonde Ulysses, mit der zehn Kilo Plutonium ins All geschossen werden, sollen in der Öffentlichkeit das Eis brechen.

Eure Arbeit ist also auf jeden Fall am 12. Oktober nicht beendet?

Nein, wir haben für Ende Oktober eine große Protestveranstaltung auf Kap Canaveral geplant. Wir werden gegen jeden Start vorgehen, bei dem Atombatterien oder -reaktoren ins All gebracht werden. Egal, ob es sich um Galileo, Ulysses oder einen Teil des Starwar-Systems handelt.