Geburtstagsfeier ohne Wessis

■ Schließt Ost-Berlin die innerstädtischen Übergänge? / Masseneinreise zur 40-Jahrfeier befürchtet / Schon gestern über 250 Menschen zurückgewiesen

Macht die DDR ihre Grenzen zu? Bis gestern um 19 Uhr wurde über 250 Menschen der Grenzübertritt von West- nach Ost -Berlin verweigert. Die Zurückweisungen wurden damit begründet, daß ein „Betreten Ost-Berlins nicht möglich“ sei oder „keine Abfertigung“ stattfinde. Insgesamt wurden nach Auskunft der Senatspressestelle hauptsächlich jüngere Westdeutsche abgewiesen, darunter auch 140 Schüler. Gegen 18.30 Uhr verdichteten sich Hinweise, daß an den Übergängen Heinrich-Heine- und Friedrichstraße keine Fußgänger mehr abgefertigt werden. Offensichtlich befürchtet die DDR eine Masseneinreise zur 40-Jahrfeier aus dem Westen. Gerüchten in der Stadt zufolge wollen tatsächlich außergewöhnlich viele Menschen am Samstag nach Ost-Berlin, offensichtlich in dem Bewußtsein, einem historischen Ereignis beizuwohnen.

Nur ein sehr geringer Prozentsatz der Abgewiesenen hat sich offiziell bei der Beschwerdestelle des Senats beklagt, so eine Sprecherin gegenüber der taz. Kurz vor 17 Uhr habe ein junger Mann angerufen und erzählt, daß ihm am Übergang Oberbaumbrücke ohne Begründung die Einreise verweigert worden sei. Er habe erzählt, er wolle nach Ost-Berlin zu einem Rockkonzert.

Die Mitarbeiterin der Beschwerdestelle vermutete, daß ein Zusammenhang bestehen könnte zwischen einem Konzert und der Abweisung vor allem junger Leute. Dies sei in der Vergangenheit bei Konzerten, Kirchenveranstaltungen etc. häufig vorgekommen. Auch äußerte sie die Befürchtung, daß bis zum Wochenende der Reiseverkehr in den Ostteil der Stadt stark eingeschränkt werde und vielleicht am Samstag die Grenzen ganz geschlossen würden.

Der Senat und die Bundesregierung haben offiziell gegen die Behinderungen protestiert. Der Regierende Bürgermeister Momper forderte die DDR-Behörden auf, „unverzüglich zur normalen Praxis“ zurückzukehren und sich an die getroffenen Vereinbarungen zu halten. Auch Kanzleramtsminister Seiters legte beim DDR-Außenministerium Protest ein, der aber von der DDR mit der Erklärung abgewiesen wurde, es handele sich bei den Maßnahmen um eine „souveräne Entscheidung der DDR“. Auch einem taz-Journalisten aus Hamburg wurde am Donnerstag die Einreise verweigert.

kd/dpa