Zinserhöhung soll mehrere Probleme lösen

Frankfurter Bundesbank will Inflation bremsen und Mark gegenüber Dollar stärken  ■  Von Ulli Kulke

Die Bundesbank hat gestern ihre „Leitzinsen“ Diskont- und Lombardsatz um jeweils einen vollen Prozentpunkt auf sechs bzw. sieben Prozent erhöht. Bereits am Mittwoch hatte die Bank im Rahmen ihrer „Offenmarktpolitik“ die Zinsen für ihre „Wertpapierpensionsgeschäfte“ erhöht (siehe Kasten) und damit die Geldpolitik insgesamt auf restriktiveren Kurs gebracht.

Der Schritt war seit längerem erwartet worden. Einerseits soll so die heißlaufende Konjunktur durch knapperes Geld ein wenig gebremst werden. Zum zweiten jedoch erhoffen sich Bundesbank und Bonner Regierung eine Stärkung der Mark gegenüber dem Dollar. Am Rande der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds und Weltbank in der vorvorigen Woche in Washington hatten die sieben mächtigsten Industrienationen („G-7“) beschlossen, den immer teurer werdenden Dollar irgendwo in der Nähe von 1,85 Mark festzuhalten. Seither hatten die Zentralbanken vor allem Japans und der Bundesrepublik durch Verkäufe dreistelliger Dollar-Millionen den Dollar bereits etwas gedrückt. Die Zinserhöhung soll jetzt anstelle dieser „Interventions„ -Verkäufe treten, indem sie das freifloatende Kapital automatisch vom Dollar weg zur D-Mark lenkt.

Die Tatsache, daß der Dollar in den letzten Monaten gegenüber der D-Mark stark angestiegen war, wird von der Bundesbank auch dafür verantwortlich gemacht, daß der bundesdeutsche Export zu ständig neuen Rekordzahlen kam, weil Produkte „Made in Germany“ immer billiger in Dollar gerechnet wurden. Die Exportindustrie ist es denn auch vor allem, die an den Rand ihrer Kapazitäten gelangt ist. Dadurch und durch die sich verteuernden Einfuhren wegen des teureren Dollars witterten die Bundesbanker erhöhte Inflationsgefahren. Die Klappe Zinserhöhung soll nun all diese lästigen Fliegen wirtschaftlichen Ungleichgewichtes auf einmal erschlagen.

Die Frage wird sein, wie sich die anderen Länder verhalten, mit denen die D-Mark über die Kurs-Bandbreiten im Rahmen des Europäischen Währungssystems (EWS) verbunden ist. Die Mark wird gegenüber ihren Partnerwährungen nun an die oberen Bandbreiten stoßen. Wenn etwa Frankreich oder auch Großbritannien eine Abwertung des Franc oder des Pfundes vermeiden wollen, müssen sie mit Zinserhöhungen nachziehen, obwohl in beiden Ländern dadurch Einbrüche im beileibe nicht so gefestigten Wirtschaftswachstum befürchtet werden. Spekulationen gehen daher eher in die Richtung, daß demnächst wieder ein „Realignment“, eine Neubewertung der Währungen im EWS, stattfinden dürfte.