Jerusalem uneins über Ticket nach Kairo

Ergebnislose Kabinettsitzung in Israel / Fünftägiger Generalstreik in besetzten Gebieten / Israel versucht, Steuerstreik in Beit Sahour zu brechen / Beschlagnahmte Güter werden versteigert  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Ohne Einigung ging gestern in Jerusalem das innere Kabinett der Koalitionsregierung aus Likud-Block und Arbeiterpartei auseinander. Die Beratungen über die ägyptische Initiative zu israelisch-palästinensischen Gesprächen in Kairo sollen heute fortgesetzt werden. Eine offizielle Einladung von Präsident Hosni Mubarak liegt bereits vor. Im Vorfeld der Sitzung haben die Minister der Arbeiterpartei in letzter Minute ein Votum abgegeben, das sich für den Schamir-Plan von Wahlen in den besetzten Gebieten und die eigene Initiative der Regierung zur Realisierung des Plans ausspricht. Auf dieser Basis möchte die Arbeiterpartei die Einladung Mubaraks zu Friedensgesprächen mit einer palästinensischen Delegation annehmen. Außerdem befürwortet sie Verhandlungen mit Ägypten über die Zusammensetzung der palästinensischen Delegation.

Die Arbeiterpartei ist sich mit Mubarak und US -Außenminister Baker darin einig, daß die gegenwärtige diplomatische Dynamik für rasche Entscheidungen genutzt werden sollte, ehe die israelische Rechte Zeit hat, unter Führung des Likud-Hardliners Ariel Scharon ihre Kräfte zu mobilisieren. Die Likud-Minister tagten gestern in einer mehrstündigen Sitzung, um die Antwort Schamirs auf die ägyptische Initiative und eventuelle Gegenstrategien zu den Vorschlägen der Arbeiterpartei auszuarbeiten. Das letzte Wort in dieser Angelegenheit wird so schnell noch nicht gesprochen werden; mit weiteren Debatten im inneren Kabinett ist zu rechnen, ehe die Frage im breiteren Rahmen der Regierung diskutiert wird. Dann wird viel von der Haltung der kleinen religiösen Parteien abhängen, die ebenfalls Teil der Koalition sind.

Vor dem Hintergrund der neuen diplomatischen Bemühungen hat die Untergrundführung des Palästinenseraufstands zu einem fünftägigen Generalstreik aufgerufen, der gestern begann. Damit soll die Position der PLO gestärkt werden. Die Bevölkerung in der Westbank und dem Gaza-Streifen wird aufgefordert, den Kampf gegen die Besatzungsmacht zum Eskalieren zu bringen. In einem weiteren Punkt verurteilt die Aufstandsführung die Bemühungen der Besatzungsmacht, den Steuerstreik in Beit Sahour zu brechen. In diesem Ort in der Nähe von Bethlehem haben die Soldaten seit über einer Woche Häuser und Geschäfte durchsucht und Güter im Wert von über 500.000 US-Dollar beschlagnahmt, die jetzt von den israelischen Steuerbehörden öffentlich versteigert werden sollen.

Am Donnerstag wurden im Gaza-Streifen wieder zwei Palästinenser von israelischen Soldaten erschossen. Mindestens ein Palästinenser wurde wegen angeblicher Kollaboration mit der Besatzungsmacht von Landsleuten getötet.