Frau Irene schweigt zu Damennamen

Frau Irene SCHWEIGT ZU DAMENNAMEN

Unter schreibständischer Versicherung, daß mir keine der beteiligten Damen persönlich bekannt ist, möchten wir selbige hier - wenn auch verspätet - in aller gebotenen Wort - und Werktreue oder gemäß zitieren: Initiative Frauen und Kultur/Frauenkultur an die taz-Kulturredaktion mit der Bitte um Placierung des folgenden Aufrufes im Kulturteil der taz sowie Abdruck in der Samstagsausgabe vom 30. September 1989: SIGNATUREN SIGNATUREN SIGNATUREN AUFRUF an alle berliner bildenden Künstlerinnen, Musikerinnen, Schriftstellerinen, Schauspielerinnen usw. u. etc.: Zum Hearing „FRAUEN KULTUR KULTUR ARBEIT“ in der Akademie der Künste am 22. Oktober 1989 plant die Vorbereitungsgruppe einen SIGNATURENFRIES in Projektion auf die Akademie (abends). Künstlerinnen, die sich an dieser Aktion beteiligen wollen, werden gebeten, ihre Unterschrift mit dickem Filzstift auf DIN-A-4 Format oder Postkarte zu schreiben sowie darunter bitte gut leserlich in Druckbuchstaben ihren Namen anzugeben und diese bis zum 9. Oktober an folgende Kontaktadressen zu senden: Liz Crossley Spandauer Damm175 1000Berlin19 Roswitha Baumeister Elßholzstr.9 1000Berlin30

Soweit so gut, denn diese Idee scheint wirklich den Nerv eines bestimmten feministischen Selbstverständnisses getroffen zu haben. Nachdem ein gewisser „Sex-Lag“ (Dormagen) erstmal überwunden zu sein scheint, will frau die „Autorin“ jetzt endlich auf den ihr gebührenden Platz verweisen, denn schließlich eröffnet der Markt in Sachen Autorenschaft Leerstellen, nachdem die böse franzmännlich Theorie den altmodischen trügerischen - Autor - nun ja gerade wegen kategorialer Untauglichkeit aus dem Schriftverkehr gezogen hat. Nach dem Motto „wen kümmert's, wer spricht“ (Foucault), „das Werk vom Autor befreien“ (Barthes) etc. verabschiedete man sich ja endlich vom Genie des 19. Jahrhunderts und vom Autor als einer vermeintlich beruhigenden Instanz, in der der überquellende Sinn der Künste seine gezämte Einheit und seinen versichernde Ursprung finden sollte. Doch nun taugt die Autorschaft nur noch als juristisches Dispositiv, was sonst zählt, ist das Werk und seine Bedeutungsebenen.

Der Autor als idealistische Projektion ist verblaßt - Platz für die diapositivistische Projektion des Autorinnennamens. Der Name und der Akt des Benennens stehen ursprungsmythologisch vor allen anderen Taten: zunächst geht es um Idenitätsproduktion, um die (tautologische) Herstellung einer Person als Person, einer Frau als Frau, einer Künstlerin als Künstlerin - und um (hier: kulturverwaltungs-)amtlich registrierbare Subjektwerdung inklusive Gewährleistungsanspruch durch die Unterschrift. Die geniale Künstlerin als juristisches Konstrukt.

Frau kann die Sache aber auch ganz anders sehen: Im Anfang war der Blankoscheck...

Gabriele Riedle