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Der „Fall Eule“ ist auf-gelöst

In Berlin wurde ein Strafverfahren gegen angeblich terroristische „Amazonen“ nach großer Aufregung sang- und klanglos eingestellt / Ermittlungsmethoden der Polizei jetzt vorm VS-Ausschuß  ■  Aus Berlin Wolfgang Gast

Das Strafverfahren gegen Claudia Orlowsky (29) und Wolfgang Behling (36) ist kurz vor dem anberaumten Prozeßtermin am 24.Oktober vom Landgericht wegen „Geringfügigkeit“ eingestellt worden. Die beiden waren beschuldigt worden, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung „Amazonen“ zu sein, die von den Ermittlungsbehörden für Brandanschläge auf Sexshops und im Sextourismus engagierte Reisebüros verantwortlich gemacht wurden.

Claudia Orlowsky und Wolfgang Behling, die am 16.Dezember letzten Jahres verhaftet wurden und über 4 Monate in Untersuchungshaft saßen, stimmten der Einstellung zu. Eine Haftentschädigung erhalten sie nicht. Die beiden waren während des letzten Wahlkampfes festgenommen worden. Dem Verfassungsschutz, der mit seinen Skandalen über Wochen beherrschendes Wahlkampfthema war, kam die Erfolgsmeldung ebenso recht wie der ins Zwielicht geratenen politischen Führung des Amtes. Doch schnell wandelte sich die Erfolgsmeldung in ein Debakel. Die Staatsanwaltschaft mußte nicht nur den Schuldvorwurf „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ mangels Beweise zum Vergehen gegen das Sprengstoffgesetz herabstufen. Ins Zwielicht gerieten auch die Ermittlungsmethoden der Polizei und die Schnüffeleien des Verfasssungsschutzes (VS).

Das Verfahren ging allein auf die Aussagen des Verfassungsschützers Eberhard Benzing zurück, der jahrelang unter dem Namen „Schuhmacher“ in der Kreuzberger Szene agierte. Er hatte bei der Polizei am 16.Dezember 1988 behauptet, er habe Claudia Orlowsky auf deren Wunsch im Februar 1988 einen Keller in Kreuzberg besorgt, in dem nun Kisten mit Sprengstoffutensilien lagerten. In derselben Nacht wurden dann drei Blechkisten mit Bauteilen für Brandsätze und etwa 50 Gramm „Selbstlaborat“ sichergestellt, allerdings nicht in besagtem Keller, sondern in der Wohnung des Agenten. Die Sicherstellung erfolgte auch nicht durch die Polizei, sondern durch Mitarbeiter des VS. Über diese Rechtsproblematik stolperte der Staatsanwalt bei den Ermittlungen. Er beantragte die Vernehmung der Verfassungsschützer, erhielt vom Landesamt aber eine glatte Abfuhr. Weil die Beamten in einem „besonders sicherheitsempfindlichen operativen Bereich“ tätig seien, könne deren Identität vor Gericht nicht gelüftet werden.

In diesem Zusammenhang wurde bekannt, daß der Verfassungsschützer Benzing entgegen dem grundgesetzlichen Trennungsgebot zwischen VS und Polizei bei der Schutzpolizei als Hauptkommissar geführt wurde. Benzing soll als Mitarbeiter eines „mobilen Einsatzkommandos“ vor Jahren in die Szene eingeschleust worden sein. Um die Spitzeleien zu legalisieren, wechselte er 1986 zum Verfassungsschutz über.

Nach der Einstellung des Gerichtsverfahrens wird der Vorgang, der beim VS als „Fall Eule“ geführt wird, jetzt den Ausschuß für Verfassungsschutz beschäftigen. In einem internen Bericht, der am 19.Oktober dem Ausschuß vorgelegt werden soll, heißt es: „Im Fall Eule wird deutlich, daß der Verfassungsschutz bei seiner Aufgabenerledigung in die Nähe strafermittelnder und damit polizeilicher Aufgaben geraten ist.“

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