Geschmack in Vegesack

■ Von der Empire-Konsole zum Verschmähter Freier in Öl: Antiquitätensammlung in Bremen-Nord

Die Atmosphäre exquisiten Geschmacks umwehte die BesucherInnen der Nord Antique Antiquitätenausstellung,vom Altertum bis zur Neuzeit. Bunt schillerndes Glas, blitzend poliertes Silber, feinste Spitzen - etwa so müssen Piratenschätze in Szene gesetzt

worden sein. Das umschmei chelnde Licht verleiht den wenigen KunstfreundInnen, die meist paarweise die Schätze umschlendern, edelste Züge. Kein lautes Wort; raunend macht man sich auf die Perlen der Perlen aufmerksam. Auf die Empire-Konsole vielleicht, die: sehr selten, weil „klein mit feuervergoldeten Kapitellen“, schon für 7.500 DM das heimische Wohnzimmer zieren könnte. Die große Halle ist in viele kleine Separees unterteilt, in denen von gepflegten Menschen die unterschiedlichsten Kostbarkeiten feilgeboten werden. Möbel und Silber, Gemälde, Glas und Porzellan. Orienttepiche sogar, und Schmuck natürlich. Für lumpige zehn Mark darf hier jeder auf 4.000 Quadratmetern das Allerfeinste mit Tradition bewundern und natürlich erwerben. „Den verschmähten Freier“, z.B.von 1860, mit Öl auf Leinwand gebannt, oder darf es auch eine orientalische Satteldecke sein? Warum nicht den distinquierten Fife-o‘ - clock -tea aus einem WMF-Service um 1800 nehmen, das im Baden -Würtenbergischen Landesmuseum hinter Glas vom Plebs bestaunt wird? Für 8.200 Eier, kann es ein jeder sein eigen nennen. Und wenn es denn auch noch originell sein soll, kein Problem, da haben wir noch die metallene Taucherglocke aus der Kategorie, unnütz aber überflüs

sig. Ein Eins-A Staubfänger, da werden Hans und Erika aber staunen. Schirmherr dieser kulturell hoch wertvollen Ausstellung ist unser Senator für Kunst und Wissenschaft Horst-Werner Franke höchstselbst. Verantwortlich für die Organisation zeichnet sich die „Messen und Ausstellungen, Mendelssohn“, aus der „Hochallee“. Was für ein Name, welche Adresse. Teilnehmer sind fünfzig Kunst und Antiquitätenhändler aus dem Bundesgebiet und „angrenzenden Nachbarländern“. Indien eingeschlossen. Die Expo

nate sind Originale aller Epochen bis 1860, Kunst des Jugendstils, Art Decos, der Moderne und der Gegenwart. Bis zum achten Oktober hält die Ausstellung noch von 11 bis 18 Uhr Tür und Tore für alle auf, die schon immer Parfum -Flacons der oberen Preisklasse (500 bis 900 DM) begehrten oder sich endlich den Traum einer krokodilenen Reisetasche, englisch, DM 3.400, erfüllen möchten. Es sei denn, sie ist schon vergriffen. Aber Erbsensuppe, muß es im Foyer nach Erbsensuppe riechen? Kerstin Dreye