Kein Supermarkt für Drogen am Kotti

■ Widerstand gegen Heroin-Dealer und Konsumenten regt sich / Eltern und Anwohner machen mobil / Lieber St.-Florians-Prinzip - als gar nichts

„Dealer, laßt unsere Kinder in Ruhe“ - in knallenden Farben leuchtete diese Aufforderung am Samstag nachmittag den Passanten in der sonst so trist-grauen Dresdener Straße entgegen. Mitten im Herzen Kreuzbergs, nur wenige Minuten vom Drogenumschlagplatz Kottbusser Tor entfernt, hatten Leute aus dem Nachbarschaftsladen „Kotti“ ein Zelt errichtet, um die Nachbarschaft zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch zu bitten.

Gegenseitig berichteten sich TürkInnen und Deutsche von ihren Erfahrungen, die sie, im Dunstkreis der Drogenszene lebend, tagtäglich machen: gebrauchte Spritzen und Nadeln auf den Spielplätzen, in Hausfluren und Kellereingängen. „Daran sind nur die Spritzenautomaten schuld!“ schimpft ein älterer Herr. (Bestechend scharfsinnige Analyse, d.S.in) Ein türkischer Vater berichtete, seinem zehnjährigen Kind wäre vor kurzem auf der Straße Heroin angeboten worden - umsonst. „Damit sichern sie sich schon mal die zukünftigen Kunden!“

Fixer, Schnüffler, Kiffer: das gehört hier zum gewohnten Straßenbild. Oft können die Anwohner den Händlern beim Verkauf zusehen. Deshalb fordern sie jetzt, daß alle Drogen aus Kreuzberg verschwinden - einschließlich der Händler und Konsumenten. Den meisten ist klar, daß sich die Drogenszene dann nur verlagert. Doch der Haß, vor allem auf die Dealer, ist immens. Die öffentlichkeitswirksame Aktion sollte zunächst zu einer ersten Kontaktaufnahme dienen. Künftig soll nicht mehr nur im privaten Wohnzimmer über das tägliche Ärgernis geschimpft werden, sondern man will gemeinsam das Tabuthema Drogen brechen.

Antworten, Lösungen liegen noch nicht parat, und Antworten fordern die Anwohner vor allem von den Behörden und dem Senat, denn: „Hier wird es mit dieser ganzen Dealerei immer schlimmer“, empört sich eine junge Frau, Mutter zweier Kinder. „Wenn Sie mich fragen, dieses ganze miese Geschäft mit dem Drogenhandel könnte nur durch die staatliche Vergabe von Drogen gebrochen werden“, sagt sie noch.

Martina Habersetzer