Fußball-Fan-Projekte im Abseits

■ In der BRD sterben die Fan-Projekte / Über Finanzierung des Bremer Projektes wird immer noch verhandelt

Trotz weitgehend positiver Resonanz sind die bundesdeutschen Fußball-Fan-Projekte vom schleichenden Tod bedroht. „Es sterben mehr als neue hinzukommen“, erklärte der Soziologe Gunter A. Pilz, wissenschaftlicher Berater des Projektes in Hannover, nach Abschluß der zweiten Tagung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fan-Projekte (BAG) in Hannover. Lediglich die Einrichtungen in Hamburg und Hannover sind mit fünf und drei hauptamtlichen Mitarbeitern langfristig gesichert.

Seit mehreren Monaten ruht die Arbeit in Bremen, wo zur Jahreswende 1981/82 das erste Fan-Projekt gegründet worden war. Letzte Aktion bislamg: Eine Unterschriftenaktion der Fans für den Fortbestand „ihres“ Projektes. Es galt als beispielhaft und

fand zahlreiche Nachahmer in der Bundesrepublik. Inzwischen fließen aber keine ABM-Gelder mehr. 100 000 Mark jährlich werden benötigt, um das Projekt von Arbeitsamts-Mitteln unabhängig zu machen. Der Bremer Senat, der Landessportbund und Werder Bremen wollen sich zwar an einer Dauerfinanzierung beteiligen, doch bislang jeweils mit viel zu wenig Geld. Ganz hat das Fan-Projekt die Hoffnung aber noch nicht fahren lassen. Denn bei den Verhandlungen zwischen Senat und Werder über den geplanten Ausbau der Südtribüne soll auch noch einmal über eine dauerhafte Fan -Projekt-Finanzierung verhandelt werden.

Im nächsten Jahr läuft die Finanzierung der Fan-Projekte in Mannheim, Karlsruhe und Dortmund aus. In Mönchengladbach haben sich Fußball-Fans ohne die üblichen Träger wie Jugendämter, Sportjugend oder städtische Vereine auf eigene Faust zusammengeschlossen. Borussia Mönchengladbach bezahlt einen Fan-Beauftragten. In Frankfurt und Berlin bildeten sich unter den ver

änderten politischen Machtverhältnissen zumindest Initiativen, um die einst bestehenden Projekte wiederzubeleben.

Die Sozialarbeiter und Pädagogen können Erfolge ihrer Bemühungen schwer messen. Bei der EM 1988 erhielt das Kultur -und Betreuungsprogramm in Stuttgart und Hannover mit Info -Ständen, Zeltlagern und Musik viel Lob. „Wir fordern deshalb vom italienischen Verband und vom Weltverband FIFA ähnliche Programme für die WM im nächsten Jahr. Die Organisatoren dürfen nicht nur auf polizeiliche Maßnahmen setzen“, sagte BAG-Sprecher Klaus Sengebusch (Hannover). Für die deutschen Fans soll in der Nähe von Verona während der WM ein Zeltlager eingerichtet werden. Dort bestreitet das Beckenbauer-Team die Gruppenspiele.

Sengebusch hat in langjähriger Kleinarbeit Kontakte zu den Hooligans hergestellt, zu den gewaltbereiten, oder wie der Lehrer aus Hannover sagt, zu den „erlebnis-orientierten“ Fußball-Fans. „Allein in diese Szene hereinzukom

men, ist schon ein großer Erfolg“, berichtete Fan-Forscher Pilz.

Hannover 96 unterstützt das ortsansässige Projekt mit jährlich 10 000 Mark. Die jugendlichen Mitglieder diverser Fan-Klubs bestreiten untereinander Fußball-Turniere, die „Fan-Liga e.V.“ ist sogar Mitglied im Landessportbund Niedersachsen. Auf Wunsch der Ordnungshüter findet in den nächsten Tagen sogar ein Freundschaftsspiel Polizei gegen Fans in Hannover statt.

Die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) verläuft schleppend. Immerhin: Die Projektmitarbeiter besitzen Eintrittskarten für alle Bundesligastadien, und DFB -Präsident Hermann Neuberger hat in einem Schreiben an die BAG Ligasekretär Wilfried Straub und Generalssekretär Wilfried Gerhard als Ansprechpartner benannt. Sengebusch: „Wenn man die Betreuung von Ehrengästen und VIP's bei Großereignissen sieht, dann müßte für die Fans mehr getan werden.“

Peter Hübner (dpa)