Lustvoll, Sorgfalt

■ Die „bremer shakespeare company“ macht mit ihrer Saison bekannt / Matinee mit Macbeth

Die Shakespeares haben einfach einen Rhythmus, bei dem man mit muß.

Wir sitzen auf ihrer Bühne und geben in zwei Halbkreisen das Stück „Pressekonferenz“, und Norbert Kentrup, Gründungsmitglied, eröffnet die neue Company-Saison wie ein Aufschlag-As: Preisregen über der Shakespeare-Company, Millionenpublikum live dank 3-SATs „Der Widerspenstigen Zähmung„-Übertragung, Einladung zu den Shakespeare Tagen in Weimar, von der Koryphäe des Shakespeare'schen Theaters, Prof. Robert Weimann, höchstgelobt - kurzum: So viel, so gut, und so alles ohne direkte Subventionen. Kentrup holt aus zum spielentscheidenden Aufschlag: Lösen wir doch die Kulturbehörde auf und verteilen der Behörde ihr klein Milliönchen! Da möchte man Parteiische sein und gewinnen lassen.

Aber auch ohne das zuständige Geld hat man Plan-Träume: Das Foyer soll ausgebaut werden, damit ein Lokal eingebaut werden kann, wo direkte Gespräche von Erzeugern und Verbrauchern würden stattfinden können. Also du und ich auf du und du mit den Shakespeares. Aber nicht genug mit Lokal: Eine kulturpolitische

Diskussionsrunde soll angezettelt werden, z.B. mit Titel „Lebendige Stadt“? Das wär ja kaum auszuhalten, wenn Bremen unter der Company-Regie so lebendig würde wie ihr Shakespeare! Ob Musik, Theater, Kunst, Literatur, Architektur, Altenbereich oder anderes: Fachleute als „Aktivposten“ reden miteinander. Womit hat Bremen bloß solche Ideen-Juweliere verdient?

Starten wir durch zu den Neuheiten der Saison. Da warten nicht nur auf uns die „Metamorphosen“ des Ovid, sondern vor allem auf die Kinder ein vergnüg Mann mit Karohemd

Peter Lüchinger

liches Kinderstück mit Namen „Götterspeise“ (17.11.). Gespanntsein, Gespanntsein. Am 20. Oktober ist Hölderlin an der Reihe, und zwar als Experiment in Form von Texten und Musik, eine radikale Mischung, ausgewählt von Rainer Iwersen und Nicolas Schalz, Titel: „Und was du hast, ist Atem zu holen“. Dezember: „Erfindung der Freiheit...“, d.h. Flugwünsche, aufsteigen, Ballon, Himmel, Glück, vorstellbar, Vorabend, Französische Revolution, kurz: Themenkreis 1789. Regie: Pit Holzwarth. Shakespeare gibts auch noch, und hier Mann mit

kürzeren haaren

Christian Kaiser

zwar „Macbeth“, übersetzt und regiegeführt von Rainer Iwersen, und zwar mit verschobener Premiere: „Produktive Verwirrung“ leistet man sich, „im Stück Spazierengehen“ und das Aufspüren von Männerfantasien, ein Luxus, dem Stück die Zeit zu geben, die es noch braucht. Im Januar kommen „Antonius und Kleopatra“ mit Liebe, Macht, Verrat. Premiere? „Wenn's fertig ist!“ Was bleibt, sind die öffentlichen Proben, neu sind Preise und Männer (s.Fotos). Normalkarten kosten jetzt 23.-, im Fünferblock 19.-, für Nichtverdiener 12.-, 10.- im ermäßigten Fünferblock-ABO.

Szenenwechsel.

Es ist Sonntagmorgen und steif grau. Aber in der Heinrich -Vogeler-Buchhandlung im Fedelhören ist der Morgen bunt und lebendig, und zahlreich: Rainer Iwersen gibt Auskunft über seine „Macbeth„-Inszenierung, was heißt Auskunft - Macbeth, wie er leibt und lebt. Keine Figur aus dem Moder eines altehrwürdigen Tragödien-Jenseits, sondern konsequent erfrischendes Diesseits, ein

Machtmonster, ein Verräter, ein Feigling wie du und ich, einer, der sich bewußt für Gewalt entscheidet, fragmentierte Persönlichkeit, männerspeziell. Rainer Iwersen erzählt die Inszenierung. Vielleicht wird Macbeth von mehreren Spielern gespielt, ziemlich sicher ohne Hexen. Was, ohne Hexen? Das hellwache Publikum ist irritiert. Ja, ohne Hexen. Macbeth soll keine Vorsehung verhängnisvoll erleiden, sondern verantwortlich entscheiden. Was sei schon spannend an der Hexen-Einlage: dampft, ist rot und macht komische Geräusche. Die Hexen sind Projektionen, aus Lebensangst entstandene Wut des Mannes und sonst gar nichts.

Dieter Herms, stichwortgebender Moderator von der Gesellschaft für angewandte Anglistik, weist auf Iwersens neue Übersetzung hin, „Aha, ich höre hier ein Leitmotiv“, sagt Iwersen, sollen die Zuschauer nicht denken beim Hören. Und bei Eingriffen empfehle sich: nicht zu zaghaft. Bloß nicht!!!

Claudia Kohlhas