Quirl oder der Optimismus

■ Der neue Cafebetrieb der Fraueninitiative Quirl in Gröpelingen und der dornige Weg durch die sozialbürokratischen Hilfen zu Geld und Brot

Quirl Moden, Quirl Kinderhaus, Quirl Vollwertküche, Quirl Cafe, das alles ist seit 1986 in Walle und in Gröpelingen entstanden. Aus der Idee, Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen zu schaffen, aus einer Fraueninitative und aus heterogensten Finanztöpfen sind da entstanden: zwei Umschulungen von 24 Frauen zu Köchinnen und Damenschneiderinnen, Kinderhaus,

in dem (vor allem) Kinder der oft alleinerziehen Umschülerinnen betreut werden, 20 im Augenblick; eine Kleiderproduktion, ein Mittagstisch und als letztes jetzt ein Cafe in der Gröpelinger Lindenhofstraße 24.

Vor einem Jahr wurde dort mit einem Mittagstisch begonnen. Für Niedrigverdienerinnen gibt es da Vollwertessen für moderate 4.50 DM ausgeteilt - im mit ro

tem Steinfußboden und grünen Pflanzen schmuck hergerichteten Erdgeschoß eines Hauses, das dem Möbelhaus Thäte gehört hat und das von der Planungswerkstatt Bremen, gekauft und umgebaut wurde. Am Mittwoch wurden da leckere Tomatensuppen mit Sahnhauben und Hirse-Auberginenaufläufe mit gut Knoblauch drin serviert. Vielfach an Leute, die aus den Alternativbetrieben, die sich auf dem nahegelegenen AG-Weser -Gelände ansiedeln, herüberkommen. „Das lief schwer an vor einem Jahr“, sagt Marion Hofmann, ehrenamtliche Quirl -Mitorganisatorin seit Anfang.

Für die Niedrigverdiener

Innen, die Zielgruppe, sei das auch schwierig. Eine kleine Dose Erbsen von Aldi plus Bockwurst und zwei Kartoffeln, hat ihr eine alte Gröpelingerin ihr Menu vorgerechnet, kostet, Vollwert hin, Vollwert her, nicht vierfünfzig sondern zwei Mark. Mit dem Frühstückcafe, das jetzt im gleichen Raum wie die Stadtteilküche Montag und Donnerstags von 10 bis 12 Uhr für Frauen eröffnet ist, verhält es sich ähnlich. Es gibt das Kännchen Kaffee für einsfünfzig und verschiedene Vollkorn- und andere Brotsorten und Brötchen, und frau kommt insgesamt nicht auf mehr als 5 Mark, aber das ist viel für die erwerbslosen Frauen, die das Cafe vornehmlich anspre

chen will. Deshalb auch hier: Kein Ansturm zu Beginn.

Das Cafe soll Treff im Stsdtteil, Info-Börse, aber auch Anlaufadresse sein für Frauen und beraten über Wohnung bis Ernährung und Gesundheit.

Es passiert viel in der Lindenhofstraße und der Elsflether Straße, wo Kinderhaus und Quirl Moden arbeiten. (Die räumliche Teilung rührt daher, daß im Wettlauf auf die Räume in der ehemaligen Schule in der Elsflether Straße das Konkurrenzprojekt Rhizom erfolgreicher war und damit der Plan vom einem quirligen Stadtteilzentrum geplatzt war.) Die UmschülerInnen, oft prüfungsunerfahren und kinderbe

hangen, schwitzen vor der nahenden Abschlußprüfung, die im Januar vor den Kammern abgelegt werden muß. Drei Frauen sind zusätzlich in der Stadtteilküche eingestellt worden, zwei für den neuen Cafebetrieb. Neue Arbeitsplätze in angenehmer Umgebung. Nur, sagt Marion Hofmann, „wir schliddern immer so grade am Abgrund vorbei.“ Eine feste Stelle gibt es, der Rest ist zusammengestoppelt aus diversen Mitteln von ABM, Bundesozialhilfegesetz § 19, Bundesjugendministerium, EG -Sozialfonds. Da versucht ein Frauenprojekt, Arbeitsplätze für Frauen zu schaffen, lebt aber selbst von lauter Flugsandfinanzierungen. Dennoch, es wird weiter gewerkelt und geplant über den Zeitpunkt hinaus, wo im Jahre 1992 die 140.000 Mark Bundesmittel jährlich nicht mehr fließen werden: die Quirlinnen überlegen derzeit, ob nicht etliche von den fertigen Umschülerinnen z.B. auf dem Gelände der AG Weser eine Kantine gründen könnten. Aber ob das ein betriebswirtschaftlich tragfähiges Konzept ist, darüber bräuchte frau ein Gutachten, was Geld kostet, was nicht da ist. Ja. Hab ich was zu berichten vergessen? Ja, daß die Frauen, für die Quirl Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen will, sich immer ärgern, wenn sie hören und lesen, daß es sich bei ihnen um „benachteiligte Frauen und Mädchen“ handelt. Das aber schreibt auch Quirl in seine Informationsmaterialien hinein, das Dickicht der Förderungsfinanzen und die vereinliche Gemeinnützigkeit verlangen es so.

Uta Stolle