„Polen IV“ unter Dach und Fach

■ Umschuldungsabkommen zwischen Bonn und Warschau unterzeichnet / Verpflichtungen von 1986 und 1988 bis 1997 aufgeschoben / Neue Kreditvergabe vor Kohl-Reise noch offen

Bonn (dpa) - Nach mehrwöchiger Verzögerung haben die Regierungen von Warschau und Bonn die Umschuldung für 2,5 Milliarden Mark polnischer Zahlungsverpflichtungen am Montag unter Dach und Fach gebracht. Mit der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Abkommens auf der Basis internationaler Vereinbarungen ist zugleich ein weiteres Element für gezielte nationale und international abgestimmte Hilfen an Polen erfüllt.

Vor der für den 10. und 11. November erwarteten Reise von Bundeskanzler Helmut Kohl nach Polen ist noch offen, in welchem Umfang die Bundesrepublik Deutschland dem wirtschaftlich stark geschwächten Land wieder staatlich verbürgte Hermes-Bürgschaften einräumen will.

Warschau fordert dafür drei Milliarden Mark. Das Bonner Finanzministerium sah als Ausgangsofferte bisher 300 Millionen Mark vor. Das im Auswärtigen Amt unterzeichnete Umschuldungsabkommen ist das vierte seiner Art („Polen IV“). Es enthält gut eine Milliarde Mark Zahlungsverpflichtungen der Jahre 1986 bis 1988 aus bundesverbürgten Exportkreditgeschäften und bestimmten ungebundenen Finanzkrediten sowie rund 1,4 Milliarden Mark Zinsen und Tilgungen aus früheren Umschuldungsabkommen, die erneut gestundet werden. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums kann Polen diese Beträge nunmehr ratenweise bis Ende 1997 zurückzahlen.

Polen ist im Westen mit rund 39 Milliarden Dollar verschuldet. Rund zwei Drittel dieser Hartwährungsschulden entfallen auf staatliche Gläubiger des „Pariser Clubs“. Unter ihnen ist die Bundesrepublik mit einem Anteil von gut 20 Prozent der größte Gläubiger.

Zwischen dem „Pariser Club“ und Polen, so das Finanzministerium, seien auch Gespräche im Gange, wie die weiteren polnischen Zahlungsverpflichtungen ab 1. Januar 1989 zu behandeln sind. Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) habe seinem polnischen Kollegen Leszek Balcerowicz bei einem Gespräch am 26. September dieses Jahres in Washington die Unterstützung für die nächste Umschuldungsrunde V bei den anstehenden Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds und dem „Pariser Club“ zugesichert.

Ministerialdirektor Alois Jelonek vom Auswärtigen Amt, der das Abkommen mit Ministerialrat Norbert Schmidt-Gerritzen vom Finanzministerium sowie dem polnischen Botschafter in Bonn, Ryszard Karski, unterzeichnet hatte, sprach von einem „wichtigen Schritt zu dem Ziel, Polen eine finanzielle Atempause zu verschaffen“. Die Bundesregierung werde weiter aktiv daran arbeiten, eine gute Nachbarschaft im Rahmen der europäischen Völkergemeinschaft dauerhaft zu verwirklichen.