Fusion Daimler - MBB: Der Norden gibt nach

Aber: Küstenländer stellen Bedingungen / Engholm: „So ist Politik“ / Ausgliederung der Marinetechnik nur an Firmen aus der Region  ■  Aus Hamburg Axel Kintzinger

Es ist eine bittere Pille, aber wir haben keine andere Wahl. So begründeten die Regierungschefs der vier norddeutschen Bundesländer Montag abend ihr Einlenken in Sachen Fusion der Daimler-Benz AG und dem Luftfahrt-Konzern Messerschmitt -Bölkow-Blohm (MBB). Entgegen der Beschlußlage der Bundes -SPD haben sich auch die sozialdemokratischen Bürgermeister Henning Voscherau (Hamburg) und Klaus Wedemeier (Bremen) sowie Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Björn Engholm mit der Elefantenhochzeit abgefunden. Gemeinsam mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht (CDU) formulierten die Regierungschefs nach dreistündiger Beratung jedoch Bedingungen für die letztliche Zustimmung. Hamburg verfügt über 18,22 Prozent der MBB-Anteile und damit über eine Sperrminorität - könnte den Deal also platzen lassen. Doch von dieser Überlegung, von Voscherau vor einigen Wochen ins Spiel gebracht, ist keine Rede mehr.

Glaubt man den vier Nord-Chefs, treibt sie die Sorge vor einer Zerschlagung der „gewachsenen Strukturen“ vor allem der norddeutschen Flugzeugindustrie. Die in Hamburg ansässige „Deutsche Airbus“ mit ihren sechs norddeutschen Werken für die Bereiche ziviler Flugzeugbau (und Transportflugzeugbau) soll mit einer „ungeschmälerten alleinigen Systemführung“ auf diesem Gebiet ausgestattet werden - ein Wunsch, für dessen Erfüllung Daimler-Chef Edzard Reuter bislang wenig Neigung zeigte. Auch in der Luft - und Raumfahrttechnik soll der Norden Spitze bleiben. So müsse auch der ERNO-Raumfahrttechnik GmbH in Bremen weiterhin Führungsfunktion zugestanden werden. Bremen hält an MBB zehn Prozent.

Eine weitere Hürde für die Daimler-MBB-Fusion haben die norddeutschen Regierungschefs bei der Frage aufgestellt, was aus den meerestechnischen Betrieben werden soll. Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann hatte die Auflage gemacht, MBB müsse diese Unternehmensteile ausgliedern. Für die davon betroffenen Firmen fordern Voscherau, Engholm, Wedemeier und Albrecht die Schaffung eines Unternehmensverbundes mit Hauptsitz in Bremen. Um die Arbeitsplätze der mehr als tausend Beschäftigten dieser Firmen zu sichern, wollen die norddeutschen Länder den Finger auf mögliche Verkäufe legen. Dem Verkauf an Unternehmen, die nicht aus der norddeutschen Region oder gar aus dem Ausland kommen, wolle man auf keinen Fall zustimmen. In der Entschließung heißt es allerdings etwas zurückhaltender: Man halte es „für wünschenswert, daß als Anteilseigner Unternehmen gewonnen werden, die schwerpunktmäßig unternehmerische Aktivitäten in Norddeutschland haben“.

Nach Ende dieser Verhandlungen wollen die vier Nord-Chefs das Ergebnis am 13. November beraten und dann endgültig über ihre Zustimmung entscheiden. „Man hat uns vor vollendete Fakten gestellt“, klagten Voscherau und Engholm, und Kiels Ministerpräsident schloß resignierend: „So ist Politik, ich habe sie nicht erfunden.“