Rückkehr der DDR-Müden

■ Nach Angaben des Grenzschutzes sind 50 Ausreiser wieder in die DDR zurückgekehrt / Bonner Regierung sieht in der DDR „hoffnungsvolle Zeichen“ / Der Ausreisestrom über Ungarn läßt nach

Berlin (dpa/ap/taz) - Über 50 DDR-Bürger, die seit Öffnung der ungarischen Grenzen geflüchtet waren, haben der Bundesrepublik den Rücken gekehrt - sie sind wieder in die DDR zurückgekehrt. Dies teilte der bayerische Grenzschutz mit. Der Zustrom der DDR-Müden, die über die grüne Grenze Ungarns in die BRD kommen, ging leicht zurück. Mit 479 DDR -Aussteigern waren es 170 weniger als am Vortag. In Prag halten sich zur Zeit etwa 40 und in Warschau rund 500 DDRler in den Bonner Missionen auf, um ihre Ausreise zu erzwingen.

Nach Kanzleramtsminister Seiters hat die Bundesregierung den friedlichen Verlauf der Leipziger Großdemonstration „mit großer Erleichterung“ aufgenommen. Dies und die ersten Gespräche zwischen Bürgern und dem Dresdener Stadtrat sowie die Erklärung von SED-Bezirkssekretären in Leipzig wären „hoffnungsvolle Zeichen“. Die Regierung hoffe nun, daß die DDR-Führung „die notwendigen Schlußfolgerungen“ ziehe. Auch SPD-Chef Hans Jochen Vogel erklärte die Leipziger Massendemonstration zum Zeichen der Hoffnung. Im Deutschlandfunk erklärte er, der Mut und die Besonnenheit dieser Menschen verdiene Bewunderung. Dies gelte auch für die Vertreter der kirchlichen Gruppen sowie die SED -Bezirksleitung Leipzig und jenen Künstler, die sich schon vorher um eine Beruhigung der Lage bemüht hätten. Vogel forderte erneut ein Ende um die Diskussion über die polnische Westgrenze. Er wandte sich weiter gegen jede „konspirative Tätigkeit“ in einer Phase, in der das Gespräch nun auch in die SED-Führung hinein beginne.

Bundeskanzler Helmuth Kohl pointierte anders. Die Europäer, die in Freiheit und Selbstbestimmung leben, seien aufgefordert, den deutschen Landsleuten auf ihrem schwierigen Weg zur Freiheit zu helfen. Die Regierung verwechsle dabei aber nicht Ursache und Wirkung: „Denn nicht jene bewirken Instabilität, die Freiheit und Selbstbestimmung fordern, sondern diejenigen, die sie verwehren.“

Für die Rückkehr der rund 50 DDR-Flüchtlinge sollen im wesentlichen persönliche Gründe maßgebend sein: „Es ging unter anderem um die Werte, die von den Flüchtlingen zu Hause zurückgelassen wurden, aber auch um Frauen, Kinder oder auch Eltern, die in der Heimat allein oder auch pflegebedürftig zurückblieben.“ Seit Öffnung der ungarischen Grenzen sind jetzt weit mehr als 35.000 DDRler ausgereist.

Die hessische SPD beabsichtigt, ihre kommunale Zusammenarbeit mit der DKP zu beenden, wenn sich diese nicht von den Vorgängen in der DDR distanziert. Landesgeschäftsführer Klemm erklärte, „wer sich in der Zeit, in der in der DDR eine Opposition einen demokratischen Prozeß einleitet, nicht auf die Seite der Menschenrechtsbewegung und des demokratischen Pluralismus stellt, der kann unser Partner nicht sein“.

wg.