Wie man es nicht machen soll

■ Mindestens sieben Interviews mit „Brooklyn„-Produzent Eichinger und Regisseur Edel wurden der taz angeboten. Interessant schien uns nur diese Auskunft

„Die unendliche Geschichte“ und „Der Name der Rose“ waren aktuelle Bestseller mit großen kommerziellen Erfolgsaussichten, die sich später auch bestätigt haben. Sind Sie diesmal nicht ein bißchen nervöser?

Bernd Eichinger: Durch die Nähe zu meiner Biographie ist dies sicher mein bisher persönlichster Film. Aber ich möchte das Risiko, das sich nun dadurch anbahnt, auch nicht überschätzt wissen. Die beiden „sicheren Schüsse“, von denen Sie sprachen, hatten ihren Preis. Ich wußte ungefähr, was man in Deutschland an Einspielgebnissen erwarten durfte, doch waren das höchstens zehn bis zwanzig Prozent der Produktionskosten. Daß „Die unendliche Geschichte“ etwa in Japan noch besser gelaufen ist als bei uns, war nicht vorauszusehen. Das eigentliche Problem bei „Letzte Ausfahrt Brooklyn“ sehe ich ganz woanders: Den Film könnte man nämlich in jedem Dramaturgie-Seminar als Lehrstück vorführen, wie man es besser nicht machen sollte. Denn die „Todsünde“ des Films besteht darin, daß er gar keine echten Hauptfiguren vorzuweisen hat, nicht einmal Negativ -Helden.

Es freut mich, daß Ihnen das nicht aufgefallen ist, aber der Film erzählt keine durchgehende Geschichte, es sei denn eine, die in den Personen angelegt ist. Es gibt nicht irgendwelche äußeren, vorwärtstreibenden Story-Elemente, und eben das ist ein kompletter Wahnsinn. So etwas dürften Sie niemals tun! - Bei jedem „normalen“ Film müssen Sie sich für einen Blickpunkt entscheiden, in der Regel den des Helden, und dürfen nicht springen, außer vielleicht bei einem Liebesfilm, wo man vom Helden zur Heldein wechselt und daraus einen Konflikt konstruiert. Man muß sich als Zuschauer mit absoluter Sicherheit und ohne Irritationen in eine Figur hineinversetzen können, und das funktioniert in diesem Fall nur im letzten Drittel. Bei der Konzeption wurde uns allen klar, daß deshalb das Auslösen von Gefühlen beim Publikum für uns nicht mehr sein kann als ein frommer Wunsch. Wenn es uns nicht gelingt, bis zur Hälfte des Films Emotionen auf andere Art und Weise zu wecken als üblich, haben wir gar keinen Film, nicht mal einen halben. Die Leute würden dann in der Mitte des Films schreiend aus dem Kino rennen - mit Recht! Ich kann nur hoffen, daß das Experiment geglückt ist. Das Risiko liegt darin, daß ich das, was ich während mehr als 15jähriger Kinoerfahrung gelernt habe, hier bewußt nicht anwende.

Auszug aus einem Gespräch, das Peter Rogalewski und Stefan Dornuf mit dem Produzenten führten.