U-Boot-Skandal als Politkrimi

CDU-Blockierer im Untersuchungsausschuß soll Rechtsvertretung des Bundestages beim Bundesverfassungsgericht übernehemen / Annemarie Renger (SPD) segnete Benennung ab  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Der U-Boot-Skandal ist ein Polit-Krimi ohne Ende, sein jüngster Akt wirkt allerdings wie eine Posse. Sozialdemokraten (und auch die Grünen) prangern seit geraumer Zeit an, wie die Unionsmehrheit im U-Boot -Untersuchungsausschuß die Arbeit blockiert. Bei einer Klage der SPD, die unter anderem deswegen beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist, soll nun ausgerechnet der so kritisierte Ausschußvorsitzende Horst Eylmann (CDU) die Rechtsvertretung des Bundestags im Verfahren übernehmen

-als quasi neutrale Person in diesem Streit.

Soweit wäre es ein Skandal, jetzt kommt die Posse: Abgesegnet wurde die Benennung des SPD-Kontrahenten Eylmann durch die Vize-Präsidentin des Bundestags, Annemarie Renger, bekanntlich SPD. Frau Renger versucht nun, ihren Fehler rückgängig zu machen, und mittlerweile liegt die prekäre Angelegenheit bei Präsidentin Rita Süssmuth (CDU). Jene soll versucht haben, ihren Fraktionskollegen Eylmann zur Rückgabe seines Mandats für Karlsruhe zu bewegen. Aber Eylmann möchte nicht verzichten. Soweit der Stand der Dinge, die für die Sozialdemokraten etwas peinlich sind. Denn Eylmann könnte, so ihre Befürchtung, das Verfahren nun weiter verzögern; außerdem sei er über Geheimakten informiert, die der Rechtsvertreter der SPD nicht kennen könne.

Bei der Vorlage eines Zwischenberichts der Ausschußarbeit hofften die SPD-Politiker Norbert Gansel und Dietrich Stobbe gestern trotzdem, daß das Bundesverfassungsgericht bis zum Frühjahr über die Klage entscheidet und damit den Weg für eine weitere Untersuchung freigibt. Denn bisher liegt zwar, so geht aus dem SPD-Bericht hervor, reichlich Beweismaterial vor über die Mitwisserschaft diverser Regierungsmitglieder bei dem U-Boot-Geschäft. Als entscheidend werden jedoch die Zeugenvernehmungen von Vertretern der Firmen Ingenieur -Kontor Lübeck und Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW) gewertet, die von der Koalitionsfraktion bisher verhindert wurden. Die Firmenvertreter könnten, so Gansel, die regierungsamtliche Version, es habe keine Bonner Deckung für den Verkauf der Konstruktionsunterlagen gegeben, „wie ein Kartenhaus zusammenbrechen lassen“. Und, so Gansel, „dann gibt es Erschütterungen bis in die Spitze der Bundesregierung“.

Als Mitwisser, Förderer oder Vertuscher des U-Boot -Geschäfts gelten unter anderem Stoltenberg, Genscher, Wörner, Kanzler-Berater Teltschik, der ehemalige Kanzleramts -Chef Schreckenberger und auch Helmut Kohl. Beweise für die Mitwisserschaft des Kanzlers konnten bisher deshalb nicht erbracht werden, weil sein Berater Teltschik wichtige Dokumente vernichtet hat. Die Bonner Staatsanwaltschaft ermittelt deswegen seit Juli vergangenen Jahres gegen den Ministerialdirektor.

Die Koalitionsfraktion im Untersuchungsausschuß hatte bereits in der vergangenen Woche einen Zwischenbericht aus ihrer Sicht vorgelegt. CDU/CSU und FDP bestreiten nicht, daß U-Boot-Blaupausen nach Südafrika geliefert wurden. Jedoch seien dies „Teillieferungen“ gewesen, die erstens nicht genehmigungsbedürftig gewesen seien, zweitens nicht zum Bau der U-Boote ausreichen würden, und von denen drittens Regierungsmitglieder nichts gewußt hätten.