Das wird teuer, Herr Stoltenberg!

■ Erstmals muß das Verteidigungsministerium Anwohner von Militärflugplatz Nörvenich entschädigen / Kostenlawine am Rollfeld von 30 weiteren Nato- und Bundeswehrflugplätzen

Berlin (taz) - Sechzehn Jahre erging sich das Verteidigungsministerium in stumpfer Sturheit - jetzt liegt die Millionen-Rechnung auf dem Tisch. Zwanzig Anlieger des Militärflugplatzes Nörvenich erhalten finanzielle Entschädigung für den täglichen Lärmterror. Entsprechende Anträge von Anwohnern der rund 30 anderen Bundeswehr- und Nato-Flugplätze liegen bereits vor.

Die Grundstückseigentümer des Dorfes Niederbolheim bei Kerpen erhalten zwischen 12.000 und 80.000 Mark für die Wertminderung ihres bebauten Grundstückes. „Die Summe entspricht etwa 30 Prozent Wertminderung und orientiert sich am Verkehrswert“, erklärte Winfried Thiem, Ordnungsamtleiter und „Projektbeauftragter“ der Stadt Kerpen gestern gegenüber der taz. Die Kommune hatte die Betroffenen in den 1973 begonnenen Verhandlungen und Prozessen unterstützt und zuletzt einen unanfechtbaren Beschluß des Bundesgerichtshofes erstritten.

Nun herrscht nicht ungetrübte Freude am Niederrhein. Vier Antragsteller nämlich sind leer ausgegangen, weil das Verteidigungsministerium nach Ansicht von Thiem „in seiner Richtlinie die Lärmwerte willkürlich festgesetzt hat“. Voraussetzung für die Entschädigung ist demnach unter anderem ein Dauerschallpegel von mindestens 77 Dezibel. Den Wert hat sich Bonn ausgedacht, um die zu erwartende Kostenlawine von Milliarden auf rund 200 Millionen Mark zu drücken. Das Kalkül könnte aufgehen, weil „bei den meisten Betroffenen in der sogenannten Lärmschutzzone 1 die Werte knapp unter 77 Dezibel liegen. Bei uns wurden deshalb vier Grundstückseigentümer ausgeschlossen. Was hier eine Lappalie ist, kann auf Bundesebene kolossale Belastungen für den Verteidigungshaushalt bringen“, sagte Winfried Thiem. Juristisch, so glaubt man in Kerpen, hat der Bund „kaum Chancen“. Deshalb wird der neu gewählte Stadtrat unmittelbar nach seiner Konstiuierung beraten, wie den vier Niederbolheimern doch noch zu einem finanziellen Ausgleich zu verhelfen ist.

peb