Briten bespitzeln Iren in der BRD

Bundesamt für Verfassungsschutz und britischer Geheimdienst arbeiten bei der Überwachung irischer Emigranten zusammen / Operation „Ward“ gegen die Irisch-Republikanische Armee (IRA) begann 1981  ■  Von Mata Hari

Der britische Geheimdienst hat seit Jahren Spitzel in irische Emigrantengemeinden in der Bundesrepublik eingeschleust. Das geht aus einem britischen Geheimpapier über die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hervor, das der taz zugespielt worden ist. Das Papier mit der Nummer S/16173/4 beschreibt eine „Operation Ward“, die darauf abzielte, ein Frühwarnsystem vor Anschlägen der Irisch-Republikanischen Armee in Irland oder auf dem europäischen Festland einzurichten. Zu diesem Zweck sollten Agenten der „Intelligence and Security Group“, die bereits Ende der 70er Jahre über fünf Kontaktpersonen in der Bundesrepublik verfügte, den für die Operation Ward Verantwortlichen unterstellt werden.

Eine Kontrollgruppe des britischen Geheimdienstes traf sich jeden zweiten Monat in Rheindahlen bei Mönchengladbach, um den Verlauf der Operation zu überprüfen. Der Einsatz der Spitzel in der BRD war mit dem damaligen Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Meier, und dem Chef der Auslandsabteilung, Grünewald, vereinbart worden. Bedingung der bundesdeutschen Geheimdienstler: Vorabinformation, wenn „deutsche Interessen berührt werden“.

Die potentiellen Spitzel wurden sowohl vom britischen Geheimdienst, als auch vom BfV überprüft. Der erste Agent mit dem Codenamen „Orgeat“ nahm im November 1981 Kontakt zu irischen Emigranten in Düsseldorf auf und identifizierte zahlreiche IRA-Sympathisanten. Erste Schwierigkeiten traten jedoch auf, als der Spitzel „Bedford“ enttarnt wurde. Bedford war ein ehemaliger britischer Soldat, der Kontakte zur „bundesdeutschen politischen Szene“ und zum Irlandkomitee Bochum hatte. Ein weiterer Agent, Geoffrey Baktos (Codename Bangor), dem die Kneipe „Jeff's Place“ in Hameln gehörte, mußte fallengelassen werden, weil er zu den Zeugen Jehovas konvertierte.

Bei einem Treffen in Rheindahlen am 11. Januar 1984, an dem Grünewald und einige seiner Mitarbeiter teilnahmen, versicherte der Sekretär der Ward-Kontrollgruppe, daß es sich bei den für die Operation Ward benutzten Personen keineswegs um Agenten, sondern um „Horchposten“ handelte. Diese Horchposten sollten alles berichten, was sie in irischen Kreisen erfahren konnten, insbesondere über „reisende irische Extremisten“. Wegen des „modus operandi der IRA“ wäre nicht zu erwarten, daß direkter Kontakt zu „gewalttätigen Iren“ hergestellt werden könnte. Falls sich ein Horchposten zu einem potentiellen Agenten entwickeln würde, sollte das BfV umgehend informiert werden. Moores, der Vorsitzende der Ward-Kontrollgruppe, versicherte, daß sich seine Leute gegenüber den Anzuwerbenden als Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums zu erkennen geben würden. Grünewald bezeichnete das Treffen als nützliche Übung, die alle zwei Jahre wiederholt werden sollte.

Das Geheimpapier behandelt die Operation Ward bis 1984. Zu diesem Zeitpunkt verfügte das Projekt über acht Horchposten und fünf weitere Kandidaten. Es kann davon ausgegangen werden, daß die Operation in dieser oder ähnlicher Form nach wie vor stattfindet. In der Bundesrepublik leben inzwischen weitaus mehr irische Emigranten. Darüber hinaus hat die IRA ihre Aktivitäten auf dem europäischen Festland in den letzten Jahren verstärkt.