Kommt er oder kommt er nicht?

■ Wie der Film ins Kino kommt, speziell in Bremen / Kleine Kino-Umfrage

Wer kennt dieses Problem nicht? Da wird im Fernsehen und in Zeitschriften der neue Kinofilm von Spike Lee Do the right thing (nach dem Erfolg She's gotta have it) angepriesen und auf Festspielen mit Preisen und Belobigungen überhäuft. Nichts wie hin, denkt die gespannte Cineastin, doch - der Film läuft in Bremen nicht an. Nicht eine Woche später und auch nicht zwei Monate danach. Der sogenannte Bundesstart spielt in Bremen oftmals keine Rolle.

Die Gründe liegen im ökonomischen Bereich. Zwar kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß große amerikanische Produktionen auch in Bremen pünktlich anlaufen, dafür

setzen die Kinos aber auch Filme ab, die noch hervorragend besucht waren. Die Verleiher (z.B. UIP, Fox, Warner aus den USA, NEF, Concorde, Filmverlag der Autoren aus Europa) sorgen mit ihren vertraglich festgelegten Diktaten für diese Situation.

Prinzipiell muß zunächst zwischen den Innenstadtkinos (UT, Ufa, Europa/City) und den Einzel-oder Pragrammkinos (Filmstudio/Gondel/Atlantis, Schauburg, Cinema und Modernes/Gala) unterschieden werden. Die kapitalkräftigen amerikanischen Verleiher kümmern sich erst gar nicht um die zweite Gruppe, ihre Erstaufführungen werden ausschließlich den Kinocentern an

geboten. Aus der sogenannten Verleihstaffel, die alle Neuproduktionen der nächsten sechs bis zwölf Monate enthält (oft haben die Dreharbeiten nicht einmal begonnen), übernehmen die Center gleich das ganze Paket. Das ist nicht einmal ein großes Risiko, schließlich reicht allein ein „Renner“, um die Fülle der „Schrottfilme“, so ein Geschäftsführer, „finanziell zu kompensieren“. Das fällt den Kinoketten natürlich umso leichter, da sie den gleichen erfolgreichen Film zur selben Zeit auch in anderen Städten anbieten können. Bis zu 50% Abgaben der Zuschauereinnahmen an die Verleiher sind folglich gut zu verkraften.

Um den verfügbaren Rest der übrigen Verleihfirmen, die mitunter die BRD mit weniger als 10 Kopien beschicken, balgen sich die Abspielstätten der zweiten Gruppe. Aber hier genügen künstlerischer Anspruch oder Verfolgen einer individuellen Linie nicht zur Deckung der Kosten. Da oft Produktionen geordert werden, deren Erfolg nicht absehbar ist, kann es leicht zu Terminverschiebungen kommen. Denn ist ein Film derart gut besucht wie Dörries Männer, müssen die Folgefilme warten. Einen Austausch der Kinos gibt es nicht. Besondere Probleme bereiten die sogenannten „Sleeper“, also Filme, deren Qualität und Vermarktungschancen nicht von vornherein bekannt sind. Gefährliche Liebschaften war ein derartiger Grenzfall, ebenso wie Do the right thing. Bei beiden hatten die Kinocenter wieder die Kralle drauf. Die Liebschaften wurden lieblos im Kleinstkino verramscht, sehr zum Unwillen der Filmkunst-ambitionierten Einzelkinos, Spike Lees Arbeit kam erst gar nicht auf eine Innenstadtleinwand. Er ist untertitelt und damit „nichts für unser Publikum“. Nur der persönlichen Intervention eines Programmkinos ist es zu verdanken, daß er nun im November (Bundesstart 3.8.) gezeigt wird. Wenn nichts dazwischen kommt. Jürgen Franck