PSYCHEDELIC FUNDAMENTALISM

■ UFOs, der Andere, Psilocybin, der 22.10.2012: Terence McKenna ist in Berlin

„Die verborgene Geschichte des Sagens kennt keine Zufälle. Alles ist Schickung.“ (M.H.)

Es gibt eine alte Tradition, nach der Propheten & angehende messianische Persönlichkeiten „in die Wüste gehen“. Die Wüste ist fremde Gewalt, sie kann heute das Hyperreale elektronischer Medien sein, sie kann eine Reihe von Atombombenabwurfbeobachtungsbunkern sein (wie in J.G. Ballards The terminal beach), sie kann die „grüne Hölle“ des Regenwalds sein.

„Das Grauen! Das Grauen!“ so faßt Herr Kurtz in Joseph Conrads Herz der Finsternis seinen Kontakt mit dem Anderen zusammen. Wie bei Conrads Reise-Erzählung steht auch bei McKennas Entdeckungsfahrt am Anfang das mächtige Schwellen eines gewaltigen Stroms; eine Expedition zum Ozean des Unbewußten & moderner Archetypen begann 1971 auf dem Rio Putumayo, „der Hure der Illusion“.

Noch nicht 23jährig & in Begleitung seines Bruders Dennis sowie einiger Freunde gelang es McKenna dort im inneren Amazonasgebiet durch die Einnahme von Stropharia-Psilocybin in Kontakt mit dem Anderen - in seinem Fall: UFOs - zu kommen.

McKenna behauptet, daß es mittels der Einnahme von Halluzinogenen möglich sei, in vierdimensionale Realitäten einzutauschen. Die dort anzutreffenden Visionen seien Symbole eines transpersonalen Begehrens. Nach McKenna offenbart sich in diesen externalisierten Bereichen zeitloser Psyche Sinn & Zweck des menschlichen Daseins -&: der Plan, den die synergetisch gebildete Überseele hat. Dazu gehörte unter anderem die Ablösung des römisch-rationalen Reichs durch die Herrschaft der christlichen Ethik, dazu gehört das Auftauchen der UFOs seit 1947. Gehört die UFO -Sichtung in Woronesch vor einigen Tagen ebenfalls zu diesen Erscheinungen des mächtigen Stroms der Synchronizitäten? & warum kleben gerade jetzt all die Plakate von UFO -Kontaktlerin Nina Hagen hier rum?

Auch Robert von Ranke-Graves behauptet in seiner „Griechischen Mythologie“, er sei der festen Überzeugung, die griechische Kultur sei aufgrund der Visionen von „heiligen Pilzen“ entstanden. „Ich bin alt, älter als das Denken in eurer Spezies, das selbst fünfzigmal älter ist als eure Geschichte. Zwar bin ich seit Jahrhunderten auf der Erde gewesen, doch ich stamme von den Sternen“, sagt der Pilz in Terence McKennas Wahre Halluzinationen. Ballard wie Burroughs weisen darauf hin, daß im Raumfahrtzeitalter das All als Symbol an die Stelle des Meeres des Unbewußten getreten ist.

McKenna & sein Bruder hören Botschaften des „Extraterrestischen Wächters“. Dieses Hören, die Stimmen im Kopf, hat ebenfalls eine uralte Tradition, sie besteht länger als „die Gesichte“. Die Botschaften des Pilzes deuten auf einen vitalen Ursprung hin. Archaische schamanistische Überlieferung kennt den Zusammenhang zwischen Pflanzen -Lebens-Kraft & dem Anderen. Schamanen haben ihre eigene Wüste, ihre eigene Reise. McKenna betont, das Verstehen des Pilzes bedeute „das Ende der Geschichte“. (Huch).

Sollten etwa „primitive“ Schamanen mit ihrem Wissen um die projektiven Kräfte des Pilzes hinter den UFO-Erscheinungen stecken? “...the awareness that the landscapes & themes are reflections of some interior reality within our minds, is a pointer to the importance of speculative fantasy in the century of Hiroshima and Cape Canaveral.“ (J.G.B.) Ist eine Verschwörung der Schamanen eine Erklärung; unter Berücksichtigung der Hypothese, daß UFO-Sichtungen Autoritäten etablierter Weltanschauung in Erklärungsnotstand zwingen & so letztlich zum Zusammenbruch des materialistisch -rationalen Dogmas führen?

Wie es sich für eine ausgereifte Eschatologie gehört, hat McKenna einen neuen Kalender entworfen. Sich bewußt, daß Zeit in anderen Bewußtseinszuständen auch mal stehen bleiben kann oder gar rückwärts läuft & auf der Grundlage des I Ging entwickelte er die Idee von Zeitzyklen (nachzulesen in seinem Buch The invisible Landscape). Zudem konstatiert er eine Beschleunigung - des Wissens, der Evolution; demnach würden wir uns in der Zeitspirale auf ein Ende zubewegen. Dieses finale Datum ist bekannt: der 22.12.2012.

Zudem übernimmt McKenna ein anderes Motiv apokalyptischer Tradition: Das Wort. Es sei durch Einnahme von Psilocybin möglich, seine DNS zu frisieren & anschließend im Einklang mit Begehren, transpersonaler Überseele & DNS ein Wort zu artikulieren, daß auf die Materie Einfluß ausübt. Der Logos ordnet die Welt. Neu.

Dies ist so mehr oder minder der (Kon-)Text, der sich um Terence McKenna anlagert. Er selbst gründete 1985 die Stiftung Botanical Dimensions, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Pflanzen mit halluzinogenem Wirkstoff vor der Ausrottung beziehungsweise Tilgung des kulturellen Gedächtnisses zu bewahren. „Die Idee ist, ein Laboratorium für natürliche Magie zu schaffen.“

Zudem ist McKenna Gründungsmitglied der Albert-Hofmann -Foundation. Dieser 1988 ins Leben gerufenen Gesellschaft gehören unter anderem solche bekannten Psychedeliker wie Ralph Metzner, Allan Ginsberg, Ram Dass, Stanislav Grof, Albert Hofmann, John C. Lilly etc. an. Hauptanliegen der Gruppe ist, ein Weltinformationscenter zu sein, das in seiner umfangreichen & jedermann zugänglichen Bibliothek Material zu Gebieten wie Psychiatrie, Psychopharmakologie, Ethnobotanik, Anthropologie, Theologie, Kunst & Kreativität bereit hält.

Fassen wir zusammen: Gewaltige unpersönliche Bewegungen bestimmen das menschliche Geschick. Der westliche Rationalismus hat sich die Ausrottung des Wilden auf die Fahnen geschrieben. In diesen Endzeiten schließen sich die bedrohten Schamanen zusammen, schmeißen Psilocybin & projizieren die Symbole des Begehrens westlicher Psyche, die UFOs über die Städte. Panik bricht aus, Pan marschiert. Einige „astronauts of inner space“ wissen um den Plan des sich selbst regulierenden Bewußtseinssystems Gaia. Wer sich auf eine symbiotische Beziehung mit interstellaren Sporen einläßt (vergleiche The body snatchers etc.), der wird die gut gemeinte Täuschung verstehen & in vierdimensionalen Realitäten surfen, durch Kontakt mit dem Anderen endlich zum Selbst werden - meint McKenna.

„This zone I think of as 'inner space‘, the internal landscape of tomorrow is a transmuted image of the past.“ (J.G.B)

R. Stoert

Terence McKenna spricht am Freitag, 13.10., um 20Uhr im Ecstasy, Hauptstr. 30, über seine Zeittheorie. Samstag, 14. & Sonntag, 15.10. findet im Seterap, Bundesallee 88, ein Seminar statt, bei dem es nicht um die praktische Einnahme von Halluzinogenen geht, sondern um „Archaischen Schamanismus im Licht der Krise des ausgehenden 20.Jahrhunderts“.