EG-Parlament gegen Lebensmittelbestrahlung

■ Fortsetzung des atomkritischen Kurses in Straßburg

Berlin (taz) - Die radioaktive Bestrahlung zur Konservierung von Lebensmitteln soll ab Ende 1992 in EG-Ländern grundsätzlich verboten sein. Einen entsprechenden Beschluß faßte das Europäische Parlament in Straßburg am Mittwochabend und kassierte damit auch den zweiten Versuch der EG-Kommission, die Verwendung „ionisierender Strahlen“ zur Nahrungsmittel-behandlung weiterhin zuzulassen.

Die Problematik der Lebensmittelbestrahlung war bereits in der vergangenen Legislaturperiode Gegenstand von Auseinandersetzungen zwischen dem Straßburger Parlament und der Kommission. Damals wie heute hatte das Parlament gewarnt, die Bestrahlung von Lebensmitteln könne „70 Prozent der Vitamine und essentiellen Aminosäuren zerstören und Proteine denaturieren“. „Schwerwiegende toxikologische Veränderungen“ in den Lebensmitteln durch Bildung sogenannter Radiotoxine seien nicht auszuschließen. In dem jetzt von der Abgeordneten der Grünen, Eva Quistorp, aktualisierten Bericht wird außerdem darauf hingewiesen, daß es noch keine geeigneten Analysemethoden gebe, mit denen bestrahlte wasserhaltige Lebensmittel im Nachhinein von unbestrahlten unterschieden werden könnten.

Die Konservativen und die Kommunisten im EG-Parlament hatten bis zum Schluß versucht, die erneute Ablehnung der Kommissionsvorschläge zu verhindern.

Nach der ersten Abstimmung des neu zusammengesetzten Parlaments über eine „Atomfrage“ scheint es wahrscheinlich, daß die Abgeordneten den mehrheitlich atomkritischen Kurs ihrer Vorgänger fortsetzen. 256 Parlamentarier stimmten bei der ersten Lesung am Mittwoch für das Bestrahlungsverbot.

Mit einer absoluten Mehrheit von 260 Stimmen kann das EG -Parlament nun im zweiten Durchgang die unwilligen Kommissare zur Übernahme ihrer Vorstellungen zwingen. Danach kann nur noch ein einstimmiges Votum der EG-Umweltminister das Bestrahlungsverbot kippen.

gero