Karlsruhe: Nein zu Ausländerwahl

Antrag der CDU/CSU-Fraktion geht durch: Kommunalwahl in Schleswig-Holstein ohne Ausländer  ■  Aus Bonn Ferdos Forudastan

Ungefähr 6.000 AusländerInnen dürfen an der schleswig -holsteinischen Kommunalwahl im März nächsten Jahres nicht teilnehmen. Dies hat heute das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden. Seine Begründung: Es würde „schwere Nachteile“ für das Gemeinwohl mit sich bringen und „das demokratische Prinzip“ beschädigen, wenn sich Ausländer an der Wahl beteiligten, solange eine grundsätzliche Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des Wahlrechts für Ausländer noch aussteht. Die Karlsruher Richter gaben mit ihrer Entscheidung einem Antrag von 224 Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gegen das neue schleswig-holsteinische Kommunalwahlrecht für Ausländer statt. Diesem zufolge hätten die seit fünf Jahren in dem nördlichen Bundesland lebenden dänischen, irischen, niederländischen, norwegischen, schwedischen und schweizerischen StaatsbürgerInnen am 25.März ihre kommunalen Volksvertretungen mitwählen können.

Die CDU/CSU-Abgeordneten hatten den Antrag zusammen mit einer Normenkontrollklage gegen das neue Wahlgesetz beim Verfassungsgericht eingereicht. Ihrer Ansicht nach gebieten die Artikel 20 und 28 des Grundgesetzes, daß nur deutsche Staatsangehörige wählen dürfen. Über diese Verfassungsklage werden die Karlsruher Richter vermutlich erst Mitte nächsten Jahres entscheiden. Solange darf das schleswig-holsteinische Kommunalwahlrecht für Ausländer nicht vollzogen werden. Formal sagt die Entscheidung über den Antrag auf einstweilige Anordnung zwar nichts darüber aus, wie im Hauptsacheverfahren entschieden wird. Die Richter hatten eigentlich nur abzuwägen, in welchem Fall der Schaden größer sei: wenn die Ausländer nicht wählen dürften und sich das neue Wahlgesetz, welches sie einbezieht, dann doch als verfassungsmäßig erwiese - oder wenn sie zur Wahl zugelassen würden und das Verfassungsgericht später entschiede, dies verstoße gegen das Grundgesetz.

Die CDU/CSU hatte ihren Antrag auf einstweilige Anordnung damit begründet, daß durch eine Wahl, deren Grundlage später für grundgesetzwidrig erklärt würde, schwere Nachteile entstünden: Die nicht verfassungsgemäß zustandegekommenen Kommunalvertretungen würden etwa irreversible Entscheidungen treffen. Ein starkes Indiz dafür, daß Karlsruhe im nächsten Jahr das Ausländerwahlrecht für verfassungswidrig erklären werde, ist jedoch selbst diese Fortsetzung auf Seite 2

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Entscheidung allemal: Würde der Senat zum jetzigen Zeitpunkt eher davon ausgehen, daß er das kommunale Wahlrecht für Ausländer im nächsten Jahr für verfassungsgemäß erklärt, so hätte er dem Antrag gestern nicht stattgegeben.

Was diese Auslegung stützt: Die Richter haben sich in ihrem Urteil auch auf eine materielle Argumentation zum Thema Ausländerwahlrecht eingelassen. Eine mögliche „Verletzung grundlegender Verfassungsprinzipien“ sieht das Verfassungsgericht darin, daß mit der Ein

beziehung von Ausländern in das Wahlgesetz vom Gesetzgeber „bestimmt“ werden könnte, wer zum Wahlvolk gehört. Damit aber sei gleichzeitig „der Ausgangspunkt aller demokratischen Legitimation falsch bestimmt“ - sprich: der Gesetzgeber ist Repräsentant derjenigen, die ihn wählen; und dies verbietet, daß er, möglicherweise verfassungswidrig, festlegt, wer ihn wählt. Die darin liegende „Beschädigung“ des demokratischen Prinzips wiege so schwer, daß sie auch nicht beseitigt wäre, wenn das Ausländerwahlrecht in einem späteren Hauptsacheverfahren für verfassungsgemäß erklärt würde. Mit diesem Argument nehmen die Richter zu einer Frage - der der möglichen Verfassungswidrigkeit des Kommunalwahlrechts für Ausländer - Stellung, die in dem Verfahren eigentlich keine Rolle hätte spielen dürfen und die die künftige Marschrichtung aufzeigt. Daß der Senat darüber nachsinnt, ob Schleswig-Holstein möglicherweise grundgesetzwidrig gehandelt hat, ist ein Hinweis darauf, daß er auch der Normenkontrollklage der CDU/CSU-Abgeordneten stattgeben wird.

Rein formal ist lediglich das zweite Argument, das nach Darstellung der Richter „hinzu kommt“: Die meisten der Begünstigten seien Dänen. Dies habe der Gesetzgeber besonders berücksichtigt, um die deutsch-dänischen Beziehungen zu verbessern. Würden nun diese Dänen am 25. März wählen und gewählt werden und verlören sie Wahlrecht und Mandate, falls ihr Wahlrecht dann für verfassungswidrig erklärt würde, so entstünde „ein schwerer Nachteil“ für das gemeine Wohl. Insgesamt erklärten die Richter die Nachteile für geringer, wenn die 6.000 AusländerInnen im März nicht wählen dürften - zumal das neue Wahlrecht nur so lange außer Vollzug gesetzt sei, bis in der Hauptsache entschieden würde.