„Wen kümmert's, wer spricht?“

 ■  Paul Austers: Die New York-Trilogie

Daniel Quinn schreibt Detektivromane. Durch einen Anruf wird ihm die Rolle des Detektivs Austers aufgezwungen.

Blue, ein Detektiv, bekommt von White den Auftrag, Black, einen Schriftsteller zu beschatten.

Ein Kulturjournalist gibt die Werke seines Schulfreundes heraus und geht als Biograph auf Spurensuche nach dem Verschwundenen. Die Muster in Paul Austers Romanen „Stadt aus Glas“, „Schlagschatten“, „Hinter verschlossenen Türen“ ähneln sich. Es sind die klassischen Konstellationen von Detektivgeschichten. Der Autor hat sie gründlich studiert. Doch wer wie üblich Aufklärung über die Person und ihre Geschichte erwartet, eine psychologische Studie oder sogar eine soziale Deutung von Verbrechen, wird enttäuscht. Der Literatur-Professor aus Harvard bietet eine neue Form des Detektivromans. Über New York, so scheint er indirekt festzustellen, läßt sich heute einfach nicht mehr erzählen. Zuerst einmal muß der Erzähler gesucht werden.

Austers Helden sind mit Schreiben beschäftigt, aber selbst nicht, nicht mehr, noch nicht Schriftsteller. Ihre Identität bleibt undurchsichtig. Sie verlieren auf der Suche nach dem Autorenich ihre Frauen. Alle verschwinden am Ende der Erzählung. „Was ist ein Autor“ fragte Foucault 1969 und leitete seinen Aufsatz mit einem Zitat Becketts ein „Wen kümmert's, wer spricht?“ Das Zurücktreten des Autors im modernen Text, seine Abwesenheit, in der Kritik alltäglicher Untersuchungsgegenstand, wird in Austers Kriminalgeschichten Thema.

Der Literaturprofessor weiß es spannend, leicht lesbar und zugleich hintergründig unter die Leser zu bringen. Seine Erzählkunst vollbringt, was hierzulande selten gelingt: die Verbindung von leichter Muse und Tiefsinn. Allerdings: Das Suchen nach dem verschwundenen Autor kann nur in die Erzählung von seinem Tod münden und ist - in letzter Konsequenz - der Tod jeder Geschichte. Das weiß Austers, der Theoretiker. Als passionierter Erzähler mag er sich mit dieser Einsicht nicht begnügen. In dem letzten Roman der Trilogie „Hinter verschlossenen Türen“ schickt er seinen Helden nicht zufällig auf Reisen außerhalb New Yorks. So kann er seiner Erzähllust frönen und zugleich seinen Einsichten treubleiben.

Hilke Veth

Paul Austers: Die New York-Trilogie, deutsch von Joachim A. Frank, rororo 12548, 12,80 DM