Als latenter Muslim im Sozialismus

Süden der UdSSR weitgehend vom Islam bestimmt / Der Impetus der Revolutionäre war dem großrussischen Überlegenheitsdünkel gar nicht so fern / Auf Stalins Geheiß wurden willkürlich Nationen geschaffen / Islamische Bräuche sind mit Sowjetmenschen Symbiosen eingegangen / Fundamentalismus keine erste Gefahr  ■  Von Bert G. Fragner

Weite Teile der Sowjetunion, vor allem die mittelasiatischen Republiken mit ihren exotisch klingenden Namen, sind durch islamische Traditionen geprägt. Zur islamischen Kulturwelt gehörige Gebiete, die sich Rußland am allerfrühesten angeeignet hat, sie liegen zwischen der unteren Wolga und dem südlichen Ural. Obwohl seit fünf Jahrhunderten unter russischer Oberhoheit, stehen Kultur und Lebensweise der dort beheimateten Kasan-Tataren und Baschkiren noch heute unter dem Einfluß islamischer Überlieferungen. Auf islamisches Erbe blickt außerdem die Sowjetrepublik Aserbaidschan zurück sowie das nördlich an sie anschließende kaukasische Bergland namens Dagestan, ein Land, in dem über ein Dutzend zum Teil völlig voneinander unterschiedlicher Sprachen zu Hause sind. Das erst wenige Jahrhunderte alte, gemeinsame Bekenntnis der Dagestaner zum Islam ermöglichte es ihnen, über ihre babylonische Sprachverwirrung hinweg zu einer gemeinsamen, regionalen Verwaltungs- und Kontaktsprache zu gelangen: dem Arabischen. Die Ersetzung des Arabischen durch das Russische war nicht ein Werk der zaristischen Eroberer, sie erfolgte erst vor etwa sechzig Jahren.

Die islamisch-arabisch geprägten Traditionen der Dagestaner galten den frühen sowjetischen Aufklärern als reaktionäre Relikte obskuranten Aberglaubens. Die sprachliche Russifizierung Dagestans wurde mit Argumenten dieser Art begründet, nicht etwa mit Schlagworten aus dem Repertoire des russischen Nationalismus. Aber der aufklärerische Impetus der frühen sowjetischen Agitatoren, Funktionäre und späteren Apparatschiks traf sich im Laufe der beiden ersten sowjetischen Jahrzehnte immer häufiger mit dem herkömmlichen großrussischen Überlegenheitsdünkel gegenüber nichteuropäischen Völkern.

Beschimpfungen als Nationalitätenbezeichnung

Die vielfältigen Erscheinungsformen der sowjetischen sogenannten „Nationalitätenpolitik“ schlossen und schließen bis heute immer wieder emanzipatorische oder wenigstens pädagogische Ansätze ein. Viele Revolutionäre traten ihnen mit der Gewißheit entgegen, den Weltgeist auf ihrer eigenen Seite zu haben und auch stets besser zu wissen, was für die anderen gut sein mochte.

Den sich heute artikulierenden „glasnostianischen“ Sprechern der sowjetischen Nationalitäten liegt fast ausnahmslos die Verteidigung ihrer eigenen Kulturtraditionen gegenüber den entmündigenden Intentionen von mehr als einem halben Jahrhundert exklusiv vertretener sowjetischer Nationalitätenpolitik am Herzen und auf der Zunge.

Seitens der russischen Eroberer und Expansionisten, deren Reich sich über mehr als ein halbes Jahrtausend hinweg über den nördlichen eurasischen Kontinent ausdehnte und die diesem Reich eine immer größere Zahl fremdstämmiger Völkerschaften einverleibten, hatten schon lange vor unserem Jahrhundert spezifische politische und kulturelle Umgangsformen mit den „anderen“ entwickelt. Der Versuch der Russifizierung oberschichtlicher Eliten, mit Verlockung und Druck durchgesetzt, gehörte dazu, die Einverleibung Fremder in den Geltungsbereich der orthodoxen Kirche durch vielerlei Methoden, aber auch geringschätzige Gleichgültigkeit.

Es ist interessant zu verfolgen, mit welchen Namen die russische Öffentlichkeit im 19.Jahrhundert die eingemeindeten Fremdvölker und -sprachen bezeichneten. Ein Beispiel: Die Tungusen im Fernen Osten, Angehörige einer ganzen Sprach- und Völkergruppe, hatten sich selbst nie so bezeichnet. Das Wort „Tungusen“ geht auf eine abschätzige Fremdbezeichnung durch turkstämmige Nachbarvölker zurück und bedeutet schlicht: Sau.

Russische Administratoren, Militärs haben diese Verbalbeleidigung in ihren Sprachgebrauch übernommen und international hoffähig gemacht. Ähnliches erfuhren die turksprachigen, muslimischen Bewohner des Transkaukasus (heute: Armenien, Aserbaidschan, Georgien), die iranische Untertanen waren. In Russisch wurden sie mit dem abfälligen Wort Tataren bezeichnet. Nicht zuletzt als Reaktion darauf haben sie erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts ihre Identität als Aserbaidschaner formuliert. Die Kasachen wurden bis in die zwanziger Jahre konsequent mit abschätzigem Unterton als Kirgisen bezeichnet, die echten Kirgisen hingegen als „Schwarze Kirgisen“. Die städtische und überhaupt seßhafte Bevölkerung der mittelasiatischen Oasensiedlung hieß - wenn sie überwiegend Türkisch sprachen

-bei den Russen „Sarten“. Ein Schimpfwort, das die in Stämmen quasi aristokratisch organisierten mittelasiatischen „Usbeken“ gegenüber der unkriegerischen Stadtbevölkerung pflegt.

Die Übernahme europäischer ideologischer Traditionen führte in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg dazu, daß vor allem Intellektuelle unter den unterworfenen Fremdvölkern Rußlands ihren antikolonialistischen Widerstand in Kategorien des Nationalismus formulierten. Nunmehr wurden die verballhornten, russischen Namen für viele Nichtrussen erst richtig als Beleidigung empfunden. In sprachlicher Verwandtschaft und kulturellen Gemeinsamkeiten vermeinten viele, Hinweise auf die Zugehörigkeit zu einer großen, von der Wolga über die Krim bis ins tiefe Mittelasien reichenden Großnation erkennen zu können. Der politische Zusammenschluß aller Rußlandtürken wurde propagiert, wobei die Vertreter solcher „pantürkischer“ Ideologien auch untereinander heftig rivalisierten, was die konkrete Gestaltung solcher im antirussischen Befreiungskampf zu schaffenden „türkischer“ oder „turkestanischer“ Großräume betraf.

Gemeinsamkeiten in Sprache und bestimmten Formen der Folklore bei den türkstämmigen Völkern zu suchen war ein wichtiger Programmpunkt tatarischer, pantürkischer oder turkestanistischer Nationalisten.

Mithin ging nicht nur das nationalistische Erwachen unter der Intelligenzija der „orientalischen Völker Rußlands“ mit ihren antikolonialistischen Bestrebungen einher, sondern zum guten Teil auch die Erkenntnis „islamischer“ Gemeinsamkeiten.

Ein Moslem

als Stalins Stellvertreter

Aus pragmatischen und aus dogmatisch-ideologischen Gründen entwickelte die sowjetische Nationalitätenpolitik von 1925 an deutliche Abneigung gegen die Tendenzen, mit denen die antirussische, meist intellektuelle Opposition in der Zarenzeit sich entwickelt hatte. Vor allem die Fixierung auf das Programm des Aufbaus des Sozialismus in einem Lande bewog die Stalinsche Politik, der territorialen Einheit der Sowjetunion als Nachfolgestaat des Russischen Reiches besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Jegliches Großtürkentum, das auf die definitive staatliche Absonderung weiter Territorien innerhalb des Unionsgebietes abzielte, war dieser Generallinie höchst gefährlich. Der Islam als Stichwortgeber kollektiver Lebensformen wurde zum einen unter gleichen Gesichtspunkten verfolgt. Darüber hinaus war der Islam wie jegliche Religion in der atheistischen Sowjetunion der dreißiger Jahre Inbegriff obskuranter, abergläubischer Reaktion.

Die sowjetischen Machthaber standen vor einem Dilemma. Die Befreiung der nichtrussischen Völker aus dem zaristischen tjurm narodov, dem Völkerkerker, war von allem Anfang an ein Ziel kommunistischer, revolutionärer Politik gewesen. Repräsentant solcher Bestrebungen unter den frühen sowjetischen Kommunisten war der bemerkenswerte tatarische Marxist Mir-Said Sultangaliev. Dieser Revolutionär war in den frühen zwanziger Jahren Stalins Stellvertreter in seiner Funktion als Volkskommissar für Nationalitätenfragen, besonders zuständig für die muslimischen Völker und Menschen. Sultangaliev war vielleicht der erste „Dritte-Welt -Ideologe“ in der Geschichte des Marxismus, der den Begriff der Befreiung der vom Zarismus unterworfenen Völker vor allem als Kampf für innere Selbstbestimmung und Aufhebung struktureller Abhängigkeiten von fremden Zentren interpretierte. Er träumte davon, daß von der jungen Sowjetunion eine Initiative zur Schaffung einer Internationalen der Kolonialisierten ausgehen werde, die eine Befreiung der Dritten Welt einleiten sollte.

Sultangaliev konnte sich nicht durchsetzen. Er verlor seine hohe Funktion, wurde aus der Partei ausgeschlossen, verhaftet, ging in den Untergrund und geriet gegen Ende der zwanziger Jahre noch einmal in Haft. Jahre später verlor sich seine Spur in irgendeinem Lager.

Abschaffung des Arabisch als Russifizierung

Nach Sultangalievs Absetzung stand die Neugestaltung der sowjetischen Landkarte an. Neben nationalen Republiken der dortigen Nationalisten - Armenien, Georgien, Aserbaidschan, Ukraine - wurde eine Reihe von neuen Nationen geschaffen, die es eigentlich bis dahin noch gar nicht gegeben hatte. Dem großtürkischen Nationalismus konnte damit aktiv entgegengetreten werden. So wurden Tataren und Baschkiren zu separierten Nationen erklärt, obwohl sich die Baschkiren jahrhundertelang stets der tatarischen Schriftsprache bedient hatten und auch ein gemeinsames Siedlungsgebiet mit den Tataren aufweisen konnten. Eine wichtige Rolle spielte dabei die Abschaffung der arabischen Schrift. Turksprachen wie etwa das Tschagataische oder die Vorformen des heutigen Usbekischen, selbst Kasachisch waren sozusagen untereinander kompatibel, solange sie in arabischer Schrift geschrieben worden waren. Die Latinisierung und um das Jahr 1940 herum die Kyrillisierung der neugeschaffenen Nationalsprachen sollten zu größerer Nähe ihrer Sprecher und Schreiber zum Russischen führen, nicht aber zu den ihnen engverwandten Brudersprachen.

In Mittelasien wurde die Bezeichnung Usbeken als Nationsbenennung üblich. Herkömmlich waren die Usbeken Angehörige eines präzis definierten Stammesverbandes gewesen; die um 1925 proklamierte Nation der Usbeken bestand aber nunmehr nicht nur aus diesen „Traditionsusbeken“, sondern fortan auch aus der kulturell stark iranisierten Kulturbevölkerung der mittelasiatischen Oasenlandschaften.

Neue Nationen

per Dekret geschaffen

Angesichts des verbreiteten Überschwanges großtürkischer Leidenschaften drohte das in Mittelasien viele Jahrhunderte weit verbreitete Persische verdrängt zu werden. Die sowjetische Nationalitätenpolitik hat dem entgegengewirkt. Bei der Definition und Einrichtung bisher noch nicht bekannter Territorialnationen - getreu nach Stalinscher Anweisung - wurde die Pflege der persischen Sprache erhalten, allerdings unter dem Namen „Tadschikisch“. Die Tradition der kolonialistischen Namensspielereien der Zarenzeit wirkte fort.

Neue Nationen wurden dekretiert, den größeren unter ihnen wurden eigene Republiken, Autonome Republiken und Autonome Gebiete verliehen. Nationale Identifikation durfte schon sein - aber letztlich sollte von der KPdSU festgelegt werden, wer sich womit zu identifizieren hatte. Sultangalievs Traum von der Selbstbestimmung der ehemals Unterworfenen war widerlegt. Die neuen Nationen hatten zwar ihre Staatsgebiete oder Territorien, blieben aber insgesamt marginalisiert und fremdbestimmt. Den Kasachen wurde in den dreißiger Jahren im Zuge der Kollektivierung von außen her die Seßhaftigkeit verordnet und aufgezwungen - mit katastrophalen Folgen: Mehr als zwei Millionen Menschen fehlten in der ersten Volkszählung nach dieser brutalen Aktion - die meisten waren verhungert oder durch die Strapazen zugrunde gegangen. Vor allem den Republiken Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan wurde - von außen her - ein Konzept verordnet, von dem in der Zarenzeit so mancher russischer Administrator und Unternehmer geträumt hatte, die Umwandlung der fruchtbaren Anbaugebiete dieser Republiken zu gigantischen Baumwollmonokulturen.

Eine andere Schimäre aus der Stalin-Zeit sollte der Entfaltung der „islamischen“ Gebiete der Sowjetunion und ihrer Völker erhebliche Nachteile bescheren. Der stalinistische Slogan in der Nationalitätenpolitik „National in der Form, sozialistisch im Inhalt“ gab Zeugnis davon. Was das „Nationale in der Form“ angeht, wurde beleuchtet. Worauf zielte nun aber die Forderung nach dem „Sozialistischen im Inhalt“ der nationalen Kulturen?

„Sozialistisch im Inhalt“ führte zum Schulterschluß

Wie in allen nationalistischen Projekten steckte in den historisierenden Argumenten der Pantürkisten und Groß -Turkestanisten vielerlei Irrationales und manches Inhumane. Mit der Verordnung eines gebändigten Republikspatriotismus, der sich stets dem Unionspatriotismus unterzuordnen hatte, sollte sich in Mittelasien das „Sozialistische im Inhalt“ gegen die schwer zu kontrollierenden islamisch geprägten Lebensformen und -traditionen richten.

Das „Islamische“ im Alltag ist - auch außerhalb der Sowjetunion - keineswegs mit einem bewußten Bekenntnis zum islamischen Glauben, zur islamischen Religion verbunden. Jahrtausendelang ist unter islamischen Vorzeichen ein vielfältiges, weltweites Netz von Kultur- und Kommunikationsformen entstanden. Erst die kolonialistische Expansion westlicher Mächte hat unter Muslimen zu ideologischen Schulterschlüssen geführt, gewissermaßen eine religiöse Parallelaktion zu den Grundmustern nationalistischer Bewegungen.

Unter diesen Bedingungen darf es uns nicht wundern, daß es unter den Muslimen in der Sowjetunion zur Entfaltung von vielerlei listigen Verhaltensformen gekommen ist. Sie richten sich nicht primär gegen das sowjetische Regime. Sie dienen oftmals schlicht der kollektiven Ersatzhandlung, dem Ausgleich für den Umstand, daß die nunmehr etablierten mittelasiatischen Nationen eben nicht oder nur unzureichend Mittelpunkt ihrer selbst sein können. Eigenartige Doppelzüngigkeit griff um sich - die einschlägigen sozialwissenschaftlichen Beobachter in der Sowjetunion sind sich bis heute nicht einig darüber, welche Bräuche und Verhaltensweisen in Mittelasien als „national“ oder als „islamisch“ zu beurteilen seien.

Vor wenigen Monaten etwa ist in Tadschikistan der „Brauch“ der Knabenbeschneidung freigegeben worden, vorausgesetzt, die Operation werde von einem Arzt durchgeführt. Beschneidungsfeiern zu Ehren junger Buben wurden aber all die Jahrzehnte hindurch abgehalten, Prestigeunternehmen ersten Ranges, bei denen auch viele Funktionäre der Kommunistischen Partei nicht zurückstehen wollten.

Funktionäre sind im Bewußtsein stets Muslims

Wie wird der Mensch ein Muslim? Aus islamischer Sicht gibt es dafür nur zwei Möglichkeiten: entweder durch den Übertritt oder durch Geburt. Es gibt keine Möglichkeit, die Glaubensgemeinschaft zu verlassen. Das ist einer derjenigen Fälle, in denen nach den strengen Sätzen des islamischen Rechts die Todesstrafe fällig ist. Viele Atheisten oder Agnostiker in islamischer Kulturumgebung haben damit nur wenige Schwierigkeiten: Sie gelten eben formal weiterhin als Muslim, ihre persönliche Überzeugung wurd dadurch nicht berührt. Es ist daher davon auszugehen, daß die mittelasiatischen Sowjetbürger, wohl auch die mittelasiatischen Sowjetfunktionäre, darum wissen, daß sie Muslime sind, daß sie auf die Aktivierung dieses Potentials verzichten, es ihnen aber nach herkömmlicher Überzeugung zu Gebote steht. Wenn man bedenkt, in welch hohem Maße islamische Traditionen sich in der Gestaltung des Alltags manifestieren können, wenn - wie in der Sowjetunion öffentliche Glaubensbekenntnisse nicht möglich sind, kann man eine Ahnung davon bekommen, wie schwer es sein mag, die Menschen einer solchen Gesellschaft zu „entislamisieren“. Die „islamisch behauchten“ Traditionen und Lebensformen können nahtlos an die typisch sowjetischen Bräuche und Alltagsmuster herantreten. Sollte die materielle Absicherung des einzelnen durch die sowjetische Wirtschafts- und Sozialpolitik nicht hinreichend sein, werden traditionelle Großfamilien-Verhältnisse zur gegenseitigen Absicherung aktiviert, die wiederum als im Einklang mit islamischer Lebensweise aufgefaßt werden. Verliert der Marxismus -Leninismus aufgrund der Unattraktivität seiner Verkünder seine eigene Attraktivität als Weltanschauung, stehen sofort islamische Lehren oder Vorstellungen zur Verfügung.

Die zum Teil künstlichen Nationen aus den späten zwanziger und frühen dreißiger Jahren sind heute Identifikationsgebilde aus ihrem eigenen Recht geworden. Es denkt wohl kaum noch ein Usbeke darüber nach, warum seinesgleichen so und nicht anders genannt wird. Die „nationale Form“ geht aber im Selbstverständnis der Usbeken, Tadschiken und anderen nicht im Gleichklang mit dem „sozialistischen Inhalt“. Im Gegenteil; die Inhalte sind traditioneller Natur, sie vermischen Nationalistisch -Folkloristisches mit Elementen aus dem Reservoir islamischer Überlieferungen. Der Ruf zahlreicher gebildeter Tadschiken nach Erhebung ihrer Sprache zur amtlichen Sprache ihrer Republik war stets verbunden mit dem Ruf nach der verstärkten Pflege dieser Sprache in der alten, also arabischen Schrift.

Sowjetmittelasien auf dem Weg in den Fundamentalismus? Nicht notwendigerweise, zumindest sind akute Anzeichen dafür nicht auszumachen. Es ist aber deutlich wahrzunehmen, daß es an der Staatsführung und ihren Organen liegt, gerade hier durch Glasnost und Perestroika zur inneren Selbstbestimmung beizutragen. Auf absehbare Zeit wird „das sowjetische System“ seine islamischen Bürger immer wieder davon zu überzeugen haben, daß man als latenter Muslim im Sozialismus gut leben kann, ohne von den politischen und soziologischen Implikationen des Muslim-Seins öffentlichen Gebrauch zu machen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird einiges an erfolgreichen Reformen praktiziert werden müssen.