Not-Hochzeit in der Atomwirtschaft

Die angeschlagene Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK) und die Transnuklear-Nachfolgerin GNS wollen fusionieren / Die DWK steht nach der Aufgabe der WAA Wackersdorf immer noch mit dem Rücken zur Wand  ■  Von Gerd Rosenkranz

Berlin (taz) - Das Aus der WAA Wackersdorf bringt das Beteiligungskarussell in der bundesdeutschen Atomwirtschaft erneut in Bewegung. Die als ehemalige WAA-Errichterfirma um ihr Überleben ringende Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK) soll mit der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) in Essen fusionieren. Entsprechende „Denkmodelle“ bestätigte gestern DWK-Sprecher Klaus-Dieter Feyer. Beide Unternehmen sind Tochtergesellschaften der großen bundesdeutschen Stromkonzerne. Da von den elf Muttergesellschaften der DWK sieben auch an der GNS beteiligt seien, müßten für die Fusion lediglich die weitgehend identischen Aufsichtsgremien einen entsprechenden Beschluß fassen, so Feyer. Die Entscheidung soll am 23. November fallen.

Die GNS - vor zwei Jahren noch ein 40-Personen-Betrieb war nach dem Nukem/Transnuklear-Skandal von Bundesreaktorminister Töpfer als zentrales Unternehmen für die Konditionierung und Lagerung schwach- und mittelaktiven Atommülls eingesetzt worden. Die Krisengewinnler von 1988 sollen nun brachliegende Ingenieurskapazitäten von der DWK übernehmen. GNS-Geschäftsführer Seemann bestätigte ebenfalls die Fusionsbemühungen. Dies sei naheliegend, da es zwischen beiden Unternehmen nicht nur bei den Beteiligungen „viele Berührungspunkte“ gebe.

Die DWK betreibt nach der Aufgabe der WAA in Wackersdorf weiterhin die kleine WAA im Kernforschungszentrum Karlsruhe, das Zwischenlager in Gorleben und die nach wie vor juristisch umstrittenen Brennelemente-Zwischenlager in Ahaus und Gorleben. Außerdem ist das Unternehmen für die ebenfalls in Gorleben geplante Pilotkonditionierungsanlage (PKA) zur Behandlung und Verpackung abgebrannter Brennelemente verantwortlich. Nach der Aufgabe der WAA Wackersdorf im Frühjahr hatte sich die DWK bei ihren Muttergesellschaften als Oberverhandler mit den französischen und britischen Wiederaufarbeitungskonzernen Cogema und British Nuclear Fuels Ltd. (BNFL) angeboten. Das hinderte die zerstrittenen Stromkonzerne jedoch nicht daran, an der DWK vorbei direkt mit den britischen und französischen Partnern zu verhandeln.

Der Berliner Atomexperte Lutz Mez vermutet hinter der bevorstehenden DWK/GNS-Fusion auch eine Flurbereinigung innerhalb der Atomwirtschaft, bei der es letztlich darum gehe, welcher der zerstrittenen Stromkonzerne an dem lukrativen Entsorgungsgeschäft künftig am besten verdiene. „Das ist eine hervorragende Nachricht für die Entflechter der Atomindustrie in Bonn“, fügte Mez ironisch hinzu.