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Seh'n oder Nichtseh'n

■ ...und Frank Elstner hat 'ne Nase, aber vorne ist sie nicht

Also: Der „kreative Abenteurer“ Arved Fuchs - der nächstens mit Reinhold Messner einen „Super-Eis-Walk“ durch die Antarktis macht, weil er die Umwelt so furchtbar lieb hat der also betätigt bei Frank Elstner den Zufallsgenerator, und das geht so: Die große Rubbelkarte hat viele Felder, aber die werden immer weniger, und jetzt macht der Zufallsgenerator, daß ein Feld ganz rechts erleuchtet wird. „Das ist es“, sagt Elstner, „wer da jetzt eine Geheimnummer hat, der hat schon 500 Mark gewonnen. Aber bitte noch nicht anrufen“. Da klingelt schon das Telefon, weil irgend ein Dösbaddel nix kapiert. Elstner geht aber gar nicht ran, sondern erklärt: „Wer statt der Geheimnummer einen Buchstaben auf dem Feld hat: gedulden!“

Ja wie jetzt? Was wird gespielt? Und wann? Warum? Und was ist der Elstner überhaupt für einer? Wo steht ihm der Kopf? Wonach der Sinn? Ein Showmaster, der außerstande ist, seine Spielregeln zu erklären, obwohl sie doch eigentlich recht simpel sind. Ein Medienmensch, der wie geklont wirkt, der nur noch in Programmrubriken denken kann. „Sie waren ein wunderbarer Beitrag“, verabschiedet er den Schweizer Polizisten, der sich das Recht, seine vorne Nase bei Elstner herzuzeigen, mit der Züchtung alptraumhaft großer Kohlrabiköpfe erworben hat. „Sie hat eine sehr, sehr schwere Zeit hinter sich“, kündigt Elstner die stimmlose Nena an, „aber das gehört in ein anderes Programm.“

In welches Programm aber gehört Frank Elstner mit seiner Show? Er glaubt ja wohl immer noch: in die Unterhaltung, obwohl ihm das Ganze sichtlich über die Nase wächst. Was er da in der Bremer Stadthalle präsentiert hat, war schwerste Unterhaltungs-Fron im Dienst der Umwelt: „Alle Umweltschützer haben die Nase vorn, und unsere Umwelt auch, mit 'Kat sei Dank'“, behauptet Elstner, der sich zusehends vom patenten Beamtentyp zum Patentbeamten wandelt: Die Nase vorn haben bei ihm lauter brav gescheitelte Stiefbrüder von Daniel Düsentrieb: Ein Schwabe hat sich ein Anti-Blockier -System fürs Fahrrad ausgedacht, ein anderer Schwabe - im Dienste von VW - den Autotyp „Futura“ mit Display und sämtlichen Schikanen. Stolz führt der Erfinder vor, wie sich das Auto - schnell raus, der Fahrer! - auf Knopfdruck ganz alleine einparkt. „Aber das ist keine Werbung für VW“, sagt Elstner fingerknetend, „jede Autofirma ist bei uns willkommen, die auch die Nase vorn hat.“

Und dann knödelt ein Tenor zwischen pappenen Kneipentischen, die Nena wiegt sich zwischen puterroten Kulissenbrocken, die aus dem Horrorgarten des Schweizer Polizisten stammen könnten, und Elstner verfängt sich hoffnungslos in seiner eigenen Verkrampftheit: „Jetzt fährt der Hauptpreis ein, ein 'Chrysler'“, kündigt er an. „Mir hat man etwas über die Damen im Auto gesagt. Die sollen eine ganz besondere Auszeichnung haben. Was machen Sie denn beruflich? “, wendet er sich an die Frau am Chrysler-Steuer. „Ich mach 'ne Ausbildung beim NDR.“ Elstners Gesicht entgleist: „Ach so, dann sind Sie ja doch nicht die, die wir dachten. Naja, aber das Auto ist sehr schön.“

Und das ist nicht mal chauvinistisch - viel schlimmer: Das ist die Geistesleere eines Entertainers, der längst an seinem eigenen Anspruch gescheitert ist. Frank Elstners „Nase vorn“, dies ehrgeizige Projekt, an dem er brav und bieder weiterbastelt, gleicht einer öffentlichen Komitee -Sitzung des Sparkassenvereins, der sich sein Jahresfest vom schwitzhändigen Büroboten organisieren läßt.

Sybille Simon-Zülch

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