Mehr Arbeit, weniger Rente

■ Lebensabend a la Blüm: Grüne dikutierten über die Zukunft der Altersversorgung

„Die Alten zahlen drauf.“ Mit diesem knappen Satz faßte die Bremer Juristin Anne Lenze zusammen, was CDU-Minister Norbert Blüm sich für sie ausgedacht hat. Auf Einladung der Grünen führte Lenze am letzten Donnerstag 30 überwiegend ältere ZuhörerInnen durch das verklausulierte Gestrüpp des neuen Renten-Gesetzentwurfs, der am 10. November im Bonner Bundestag verabschiedet werden soll.

Wesentliche Bestandteile der Blümschen Rentenreform: Erstens müssen alle länger arbeiten. Der arbeitslose Lebensabend beginnt demnächst erst mit 65. Wer vorher dem Bruttosozialprodukt untreu werden will, muß bei der Rentenberechnung mit empfindlichen Einbußen rechnen. Zweitens wird das Rentendasein teu

rer, die Beitragssätze zur Versicherung sollen stufenweise bis auf 21,4 Prozent des Einkommens erhöht werden. Und drittens: Die Rente wird niedriger Und auch der Rentenanspruch ändert sich: Während der jetztige statistische Standardrentner nach 45 Jahren Arbeit seine 73,4 Prozent Rente bekam, werden künftig Arbeitszeitverkürzungen und Krankenkassenbeiträge weitere Löcher in das Altersbudget schlagen: Ab 1992 zählt das Nettoeinkommen als Berechnungsgrundlage.

Angeschmiert sind bei dieser „Reform“ vor allem die Frauen, die mit Arbeiten alt geworden sind ohne „geklebt“ zu haben. Marie-Luise Beck-Oberdorf, Grüne Abgeordnete im Bundestag und Mitglied im Rentenausschuß, schilderte die Not der

Frauen: 40 Prozent der Rentnerinnen beziehen Einkommen unter 300 Mark monatlich. 630.000 alte Frauen werden vom Sozialamt mitfinanziert. „Es sind nicht die demographischen Veränderungen, die die Altersversorgung gefährden. Es fehlt das Geld, das die 2,3 Millionen Arbeitslosen in die Rentenkassen einbringen könnten.“ Für Beck-Oberdorf ist der Gesetzentwurf deshalb auch keine Strukturreform. „Hier wurde nur ein bißchen herumgeschnipselt, ohne daß das Problem der Altersarmut in irgendeiner Form berücksichtigt worden ist.“ 1.200 Mark Minimum fordern dagegen die Grünen für alle. Finanziert werden könnten die nötigen 13 bis 18 Milliarden Mark, wenn der Bund weiter sein übliches Drittel zur Rentenfinanzierung beisteuern würde.

„Warum haut denn von Euch keiner mal so richtig auf den Tisch?“ wollte eine Seniorin wissen und brachte die Abgeordnete damit in leichte Verlegenheit. „Unser Problem ist, daß wir in Bonn bei der Rentendiskussion alleine dastehen“, versuchte sie die Ehre der Grünen zu retten. Schließlich ist das Rentenkonzept mit den Stimmen der SPD zustande gekommen. Für eine Demonstration scheint ihr die Basis zur Zeit viel zu klein. „Wir brauchen dann schon einige Tausend, wenn wir etwas bewegen wollen“. Doch damit erntete sie den Widerspruch einer Grauen Pantherin, die im Publikum saß. „Ende Oktober werden wir als Seniorenschutzbund Graue Panther in Essen gegen Blüm und seine Rentenreform demonstrieren.“ mad