EG: Kleckern statt klotzen in Osteuropa

■ Außenministertreffen zu Polen und Ungarn / Dumas und Delors reisen nach Warschau und Budapest / Einstieg der beiden Länder in die Europäische Gemeinschaft bleibt ausgeschlossen

Berlin (dpa/afp/taz) - Die Außenminister der zwölf EG -Staaten haben sich am Wochenende auf Schloß Esclimont bei Paris zu einem informellen Treffen zusammengefunden. Beschlüsse wurden nicht gefaßt. Im Mittelpunkt der Beratungen standen die Entwicklung in den Polen und Ungarn. Im Anschluß an die Tagung kündigten der französische Außenminister und Ratsvorsitzende Roland Dumas und Kommissionspräsident Jacques Delors für die kommenden Wochen eine Reise nach Polen und Ungarn an. Dabei gehe es um die Koordinierung der Finanzhilfen für diese Länder.

Bereits im Juli auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Paris hatten die großen Industriestaaten die EG-Kommission beauftragt, die Hilfe für Polen und Ungarn zu koordinieren. Ein Nahrungsmittelsofortprogramm in Höhe von 260 Millionen Mark läuft bereits. Anfang Oktober hatten die Zwölf für Warschau und Budapest 610 Millionen Mark Finanzhilfen sowie Kredite der Europäischen Investitionsbank von mehr als zwei Milliarden Mark in Aussicht gestellt. In der vergangenen Woche machte die EG-Kommission außerdem den Vorschlag, Einfuhrbeschränkungen für Waren aus Polen und Ungarn bis zum 1.Januar 1990 aufzuheben. Die EG hatte in Kooperationsverträgen mit Ungarn vom Dezember 1988 und mit Polen vom September 1989 den allmählichen Abbau der Einfuhrbeschränkungen erst bis Ende '94 und '95 vorgesehen.

Andere Länder ziehen jetzt nach. Auch Australien hat ein Hilfsprogramm ausgearbeitet und sieht Lebensmittellieferungen für Polen im Wert von 3,8 Millionen Dollar. Japans Regierung kündigte am Wochenende an, Hunderte von Polen und Ungarn auszubilden, und stellt dafür 40 Millionen Mark bereit.

Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher sprach sich auf dem Ministertreffen für eine Ergänzung der Finanzhilfen durch einen „vollständigen Plan europäischer Solidarität“ aus. Bestandteil eines solchen Solidaritätsplanes könnten intensivere wirtschaftliche Beziehungen sowie ein kultureller Austausch sein. Engere Zusammenarbeit bedeutet jedoch keinesfalls eine Öffnung der EG für neue Mitglieder aus Osteuropa. Dagegen sprechen schon Äußerungen von Kommissionspräsident Delors, der bereits anläßlich des österreichischen Beitrittsgesuchs meinte, Erweiterungen seien vor 1992 kein Thema. Das vorrangige Ziel der EG seien Schritte auf dem Weg zur Schaffung des europäischen Binnenmarktes. Und damit haben die Zwölf genug zu tun. Zwar sind schon mehr als die Hälfte der Verordnungen und Richtlinien verabschiedet, die die Kommission in ihrem Weißbuch zur Schaffung des Binnenmarktes auflistet. Nur ein Bruchteil wurde jedoch bislang in nationales Recht umgesetzt.