„Ausländerwahlrecht“, die zweite!

■ Die Sozialdemokraten bringen heute den Gesetzesantrag zum kommunalen Ausländerwahlrecht ein / Flüchtlingsinitiativen platzten in die Fraktionssitzung und protestierten gegen die Willkür der Ausländerbehörde

Damit's auch ja klappt, liegt der Gesetzesantrag zum kommunalen Ausländerwahlrecht jetzt zweimal vor. Einmal mit Datum vom 6. Oktober, eingebracht von der AL, und seit heute nun auch mit den Unterschriften der Sozialdemokraten. Die SPD stehe weiter zu ihrer Aussage, inhaltliche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu respektieren. Die einstweilige Anordnung der Karlsruher Richter von letzter Woche, die AusländerInnen in Schleswig -Holstein von den Urnen erst einmal ausschließt, habe jedoch „inhaltlich keine Bedeutung“, erklärte Eckhardt Barthel, ausländerpolitischer Sprecher der SPD. Er erwartet nun eine ausführliche Diskussion in den Ausschüssen und parlamentarischen Gremien. Das könnte beim parlamentarischen Gang der Dinge bedeuten, daß die zweite und entscheidende Lesung des Gesetzesantrages erst nach der endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum kommunalen Ausländerwahlrecht stattfindet. Die stünde unter einem sehr ungünstigen Stern, falls die Verfassungsrichter das kommunale Ausländerwahlrecht im Hauptverfahren für verfassungswidrig erklärten. Das Urteil wird für Mitte des nächsten Jahres erwartet.

Für die Dauer der Beratung und Beschlußfassung will die SPD ihre Informationskampagne unter dem Motto „Berliner Mischung, erste Wahl“ fortsetzen. An die CDU erging die Aufforderung, „konstruktive Vorschläge für ein friedliches Zusammenleben“ in die Diskussion einzubringen.

Entsprechend konstruktive Vorschläge wünschten sich gesteren einige unangemeldete BesucherInnen der Fraktionssitzung. Aufgebracht über die eigenwillige Einschränkung der Flüchtlingsweisung durch die Ausländerbehörde verlasen MitarbeiterInnen von Flüchtlingsorganisationen eine Erklärung und forderten einen Termin mit Innensenator Erich Pätzold. Laut Weisung vom 20.Juni 1989 steht ehemaligen Asylantragstellern eine Aufenthaltserlaubnis zu, wenn sie bereits länger als fünf Jahre in Berlin leben oder zum Beispiel aus den Ländern Iran, Sri Lanka, Afghanistan, Libanon oder Äthiopien kommen. Dasselbe gilt zum Beispiel für Palästinenser oder Kurden aus bestimmten Ländern. In internen Absprachen zwischen Ausländerbehörde und Innenverwaltung ist die Weisung in Teilen faktisch zurückgenommen worden. In zahlreichen Fällen ist die Ausländerbehörde dazu übergegangen von Flüchtlingen den Nachweis über persönliche schwere Bedrohung zu verlangen, anstatt ihnen, wie in der Weisung vorgesehen, eine Aufenthaltserlaubnis auszustellen. Eine Praxis, die auch nach Auffassung von Barthel „nicht hinnehmbar“ sei. Er selbst sei überrascht, daß so etwas passiere.

anb