SPD bleibt bei Wahlrecht für Ausländer

■ Hamburg: Keine Offensive in Sachen Ausländerwahlrecht / Schleswig- holsteinischer SPD-Fraktionschef kündigt Grundgesetzinitiative in Bonn an / Berlin: SPD bringt trotz Karlsruher Entscheidung Gesetzentwurf für kommunales Ausländerwahlrecht ein

Hamburg/Berlin (taz) - Lediglich juristisch und nicht politisch haben führende Hamburger Sozialdemokraten auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum kommunalen Ausländerwahlrecht reagiert - im Gegensatz zu den Kieler Parteifreunden, die nach der vorläufigen Niederlage in Karlsruhe nun eine Grundgesetzänderung fordern, falls das Ausländerwahlrecht endgültig abgeschmettert wird. Der schleswig-holsteinische SPD-Fraktionschef Gert Börnsen kündigte an, daß die SPD-Bundestagsfraktion gegebenenfalls für eine Verfassungsänderung aktiv werden würde. Die sozialdemokratisch regierten Länder würden das dann im Bundesrat unterstützen.

Hamburgs Justizsenator Wolfgang Curilla beließ es dagegen bei der Feststellung, mit dem Erlaß der einstweiligen Anordnung gegen das Ausländerwahlrecht im benachbarten Schleswig-Holstein sei noch nichts entschieden - es bedeute „keine Vorentscheidung in der Sache“. Ähnlich äußerte sich Hamburgs Parteivorsitzende Traute Müller, für die immerhin eine Verfassungsänderung denkbar wäre, falls die Karlsruher Richter das kommunale Wahlrecht endgültig für verfassungswidrig erklären.

Die Hamburger Sozialdemokraten dürften um die Unsinnigkeit ihrer „Nichts ist entschieden„-Beschwörungen wissen. Selbst juristischen Laien ist klar, daß der Karlsruher Beschluß als Präjudiz für die Entscheidung in der Hauptsache angesehen werden muß, zumal das Hamburger Ausländerwahlrecht erheblich weiter geht als die Kieler Vorlage. Mit einer gemeinsam verabschiedeten Resolution von Fraktion und Landesvorstand hat gestern auch die Berliner SPD den Gesetzesantrag zur Einführung des kommunalen Ausländerwahlrechts eingebracht. Die einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichts, die die Berliner Sozialdemokraten unbedingt abwarten wollten, habe keine „inhaltliche Bedeutung“, erklärte der ausländerpolitische Sprecher der SPD, Eckhardt Barthel. Der Antrag entspricht wortgleich dem Entwurf, den ExpertInnen der SPD und der AL bereits vor Wochen formuliert haben. Die Alternativen hatten selbigen noch kurz vor dem Karlsruher Richterspruch auf den parlamentarischen Weg gebracht, was nach Auffassung der AL-Fraktionsvorsitzenden Heidi Bischoff -Pflanz nicht ohne Wirkung auf den zögerlichen Koalitionspartner geblieben ist.

Daß das Karlsruher Veto gegen die Wahlbeteiligung von rund 6.000 AusländerInnen bei den schleswig-holsteinischen Kommunalwahlen juristisch zwar bedeutungslos, politisch aber prekär ist, ist auch der Berliner SPD bewußt. Offenbar, um den Unterschied deutlich zu machen, wurde auf den jüngsten Presseerklärungen der Begriff „kommunales Ausländerwahlrecht“ durch „Wahlrecht zu den Bezirksverordnetenversammlungen für Ausländer“ ersetzt. Begleitend zu den parlamentarischen Beratungen des Gestzesantrages wollen die Sozialdemokraten ihre öffentliche Kampagne unter dem Motto „Berliner Mischung, erste Wahl“ weiterführen.

anb