Zum Beispiel: Mumia Abu-Jamal

■ Der „Black Panther„-Aktivist ist in den USA zum Tode verurteilt / Angeblicher Polizistenmord bis heute ungeklärt

Washington (taz) - Zur „Woche der politischen Gefangenen“ der Gefangenenhilfsorganisation amnesty international (ai) heute das Porträt eines amerikanischen Journalisten.

Mumia Abu-Jamal ist der einzige politische Gefangene unter den 2.200 TodeskandidatInnen in den USA. Sein Fall ist exemplarisch für die Verfolgung einer ganzen Generation schwarzer Frauen und Männer in den siebziger Jahren sowie für die „rassisch diskriminierende Anwendung der Todesstrafe in den USA“ (amnesty international Bericht 1989). 40 Prozent aller TodeskandidatInnen sind schwarze AmerikanerInnen, bei einem Gesamtbevölkerungsanteil von nur elf Prozent.

Mit 16 wurde Abu-Jamal„Informationsminister“ der „Black Panther Party“ in Philadelphia. Nach der Zerschlagung der Panther durch FBI-Morde an führenden Mitgliedern arbeitete Abu-Jamal für schwarze Radios und Zeitungen. 1980 wurde er Präsident der schwarzen JournalistInnenvereinigung in Philadelphia.

Damals war Mumia Abu-Jamal schonZielscheibe des FBI -Programms gegen schwarze Politiker: Er hatte 1978 nach einem Schußwechsel zwischen Polizei und Mitgliedern der nationalistischen, Afrika-orientierten schwarzen Organisation MOVE, mehr berichtet, als der Polizei lieb war.

1981 erwischte es ihn selbst: In der Nacht zum 9.Dezember hielt eine weiße Polizeistreife Schwarze mit Dreadlocks wegen einer angeblichen Verkehrswidrigkeit an, eine lautstarke und handfeste Auseinandersetzung begann. Abu -Jamal, der sich in der Nähe aufhielt, griff in das Geschehen ein. Der Vorgang endete damit, daß Abu-Jamal durch einen Bauchschuß lebensgefährlich verletzt wurde und ein Polizist tot auf dem Bürgersteig lag. Der Schwerverletzte wurde verhaftet. Nach Prüfung seiner Personalien stand für die Polizei fest: Nur Abu-Jamal kam als Täter für den tödlichen Schuß auf den Polizisten in Frage.

1982 verurteilte eine Jury aus weißen Geschworenen Abu -Jamal zum Tode wegen Polizistenmordes. Bis heute wurde weder die Tatwaffe gefunden noch Abu-Jamals Täterschaft ballistisch bewiesen. Staatsanwalt und Geschworenen reichte sein Bekenntnis zu Slogans wie „die politische Macht in den USA kommt aus den Gewehrläufen“, um ihn als „potentiellen Polizistenmörder“, der nur auf eine Gelegenheit gewartet habe, zu urteilen.

Nachdem der Oberste Gerichtshof von Pennsylvania Mumia Abu -Jamals Berufungsverfahren gegen das Todesurteil im Mai 1989 abgewiesen hat, bleibt nur noch die Möglichkeit, den Supreme Court in Washington D.C. anzurufen. Abu-Jamals Rechtsanwältin Rachel Wolkenstein vom „Partisan Defense Committee“ befürchtet, daß der Gouverneur von Pennsylvania ein ausgesprochener Befürworter der Todesstrafe - Mumia Abu -Jamals Hinrichtung im November 1989 unterschreiben wird.

Wie alle anderen Gefangenen im Todestrakt von Huntingdon ist Mumia Abu-Jamal 22 Stunden am Tag in seiner Einzelzelle eingeschlossen. Der Hofgang von einer Stunde täglich findet in einem speziellen Gitterkäfig statt. Beuche finden mit Trennscheibe statt.

Seit zwei Wochen ist Jamal mit acht Todeskandidaten im Hungerstreik. Die Forderungen: Kontaktmit Familienangehörigen und Beendigung der Briefzensur.

Informationen über Mumia bei AGIPA-Press, Eichenbergerstr. 53, 28 Bremen 1

Heike Kleffner