„Die Lage war noch nie so angespannt!“

■ Auch in Bayern sind die StudentInnen schlecht dran und die Studentenwerksvertreter unter Druck / Tolle Aktionen brachten kaum Abhilfe / Kommunalverwaltungen haben zu spät reagiert

Passau (taz) - „An Preußen vermieten wir nicht.“ Die junge Studentin aus Bonn staunt nicht schlecht, als ihr mit dieser Antwort in der Regensburger Innenstadt die Tür vor der Nase zugeknallt wird. Ausländische Studenten haben es auf dem Wohnungsmarkt grundsätzlich schwer, doch damit hatte die junge Frau nicht gerechnet. „Die Lage war noch nie so angespannt“, weiß auch der Wohnheimreferent des Regensburger Studentenwerks, Franz Weingartner. Für über 19.000 Studenten stehen rund 3.000 Wohnheimplätze zur Verfügung. Über tausend Studenten stehen derzeit auf der Warteliste. Die Wartedauer beträgt zwei Semester. Ein Teil der Studenten übernachtet momentan bereits in der Regensburger Jugendherberge. Doch Ende November macht auch die Jugendherberge dicht. Wer sich in Regensburg auf den freien Wohnungsmarkt begibt, muß damit rechnen, daß er für ein Zimmer ohne Dusche mit Außenklo bis zu 350 Mark hinblättern muß. Die Wohnungsnot der Studenten hat selbst den Regensburger Bischof Manfred Müller zu einem Aufruf an die Bevölkerung veran laßt.

„Dieses Jahr ist es eine Katastrophe“, jammert auch Klaus Lehmhaus von der Zimmer- und Wohnungsvermittlung des Augsburger „AStA-Kulturzentrum e.V.“. Durchschnittlich stehen jedem Wohnungsangebot bis zu 15 Nachfragen gegenüber. Tendenz steigend. Zum Wintersemester werden an der Augsburger Bert-Brecht-Uni über 3.500 neue StudienanfängerInnen erwartet. 11.000 Studenten sind damit insgesamt im kommenden Wintersemester eingeschrieben. Mit einem Appell an die Bevölkerung, „zusätzlichen preiswerten Wohnraum zur Verfügung zu stellen“, versuchte Uni-Präsident Joseph Becker das Schlimmste zu verhindern. Was den Bau von Studentenwohnheimen betrifft, hält Augsburg einen einsamen Rekord. Die Fuggerstadt liegt an letzter Stelle in der BRD. Zum ersten Mal wurden in diesem Jahr die Plätze in den Wohnheimen bei einer Tombola verlost. 130.000 Wohnheimplätze existieren bundesweit. Die verschiedenen Studentenwerke haben jedoch einen zusätzlichen Bedarf von 190.000 errechnet.

Bereits im Juli versuchten die Studenten in Passau mit einem Sleep-in in der Fußgängerzone auf ihre prekäre Situation aufmerksam zu machen. Über 60 Studenten übernachteten damals mit Betten und Matratzen auf dem Kopfsteinpflaster im Zentrum. Doch seither hat sich nichts getan. Die Uni selbst geht vielmehr mit schlechtem Beispiel voran. Im Studentendorf wird nämlich Wohnraum in Büroraum verwandelt. Für den Bau einer riesigen Turnhalle wurden bereits im Vorjahr 80 Wohnheimplätze abgerissen.

„400 Mark kalt für ein 10-Quadratmeter-Zimmer ohne Kochgelegenheit ist normal inzwischen“, berichtet der 24jährige Psychologiestudent Bernd Miller über die Wohnmisere im fränkischen Erlangen. Seit einem Jahr sucht der alleinerziehende Vater nach einer Bleibe. Für knapp 20.400 Studenten gibt es in Erlangen 2.721 Wohnheimplätze. „Dieses Semester wird's noch haariger“, weiß auch Studentenvertreter Jörn Wellnick von der TU-München. Bereits im vergangenen Semester parkten zwei seiner Kommilitonen ihr Wohnmobil direkt vor der Uni. „Mir ist es nicht gelungen, eine Kaserne zu bekommen“, so Dieter Maßberg vom Münchner Studentenwerk.

16.000 Erstsemester werden in München erwartet. Wer aus der Region kommt, hat bei der Vergabe von Wohnheimplätzen sowieso keine Chance. Für den Rest, nach Angaben von Maßberg rund 9.000 Studenten, gibt es insgesamt knapp 8.000 Plätze. Selbst für Doppelzimmer betragen die Wartezeiten bis zu fünf Semester. Um das Schlimmste zu verhindern, wird in der Gemeinschaftshalle des Münchner Olympiadorfes gerade ein provisorisches Gerüst aufgestellt. 50 Studenten können dann in sechs Quadratmeter großen Zellen hausen, drei Meter hoch und oben offen. Doch auch diese Notlösung ist Anfang Dezember vorbei.

Luitgard Koch