Aus Fehlern lernen

Der Polenmarkt ist nicht nur ein Ordnungsproblem  ■ K O M M E N T A R

Man lernt bekanntermaßen aus Fehlern. Als der Senat vor einigen Monaten den „Polenmarkt“ verbot, bewies er eklatanten Mangel an Realitätssinn. Den scheint er jetzt behoben zu haben, indem er den Schließungsbeschluß des Tiergartener Bezirksamtes wieder aufhob. Der Markt ist illegal, aber unvermeidbar, hat der Regierende Bürgermeister erkannt. Dieser dialektischen Einsicht in die polnischen Verhältnisse und die geographische und politische Lage West -Berlins kann der CDU-Politiker Buwitt nicht folgen. Die Volkswirtschaft Polens brauche alles andere als den Entzug von Waren aus dem Land, weiß er. Die Volkswirtschaft Polens braucht vor allem die lang versprochene westliche Hilfe und zwar ganz schnell. Solange die nicht eintrifft, werden die Menschen auf dem „Polenmarkt“ nicht weniger, aber immer verzweifelter.

Manche Fehler begreift man offensichtlich nie. Binnen kürzester Zeit nach seiner Wiedereröffnung am Reichspietschufer ist der „Polenmarkt“ wieder Futter für ausländerfeindliche Ressentiments und politische Manöver geworden. Man hat mal wieder solange gewartet, bis der zuständige Bezirk die Schotten dicht macht. Der wird jetzt mit dem Versprechen, mehr Polizei einzusetzen, besänftigt. Dabei müßte es mit einem bißchen politischem Willen, Geld und organisatorischem Talent einem rot-grünen Senat möglich sein, diesen Markt nicht nur als ordnungspolitische Angelegenheit von Lebensmittelbehörde, Polizei und Stadtreinigung zu betrachten, sondern auch als multikulturelle Chance.

Andrea Böhm