Sowjetische Ökologen gegen Atomkraft

■ Deutsche und sowjetische Wissenschaftler fordern neue Energie- politik gegen weltweite Umweltkrise / Memorandum verabschiedet

Berlin (taz) - Zum Abschluß ihrer gemeinsamen Fachtagung über Energie- und Wasserprobleme haben das Freiburger Ökoinstitut und Mitglieder der sowjetischen „Assoziation Ökologie und Frieden“ eine intensivere deutsch-sowjetische Zusammenarbeit zur Bekämpfung der weltweiten Umweltzerstörung und Ressourcenverschwendung gefordert. In einem am Freitag veröffentlichten Schlußmemorandum appellieren die Wissenschaftler in Bonn an die Regierungen beider Länder, ihren „Absichtserklärungen endlich Taten folgen zu lassen“. Die weltweite Umweltkrise sei ein „negativer Begleitprozeß“ der kapitalistischen wie der sozialistischen Wirtschaftsweise.

Die angestrebte Kooperation dürfe jedoch nicht „auf der Grundlage des Kaufs unterbezahlter Energierohstoffe durch die Bundesrepublik (Erdgas) und der Lieferung ökologisch schädlicher Technologien“ erfolgen, heißt es in der gemeinsamen Erklärung. Ausdrücklich wird auf Ambitionen der bundesdeutschen chemischen Industrie und der Atomwirtschaft verwiesen, ihre Anlagen verstärkt Richtung Osten zu verkaufen. Den Ausbau der Atomenergie als Ausweg aus den zur Hälfte durch CO2-Emissionen ausgelösten weltweiten Klimaveränderungen lehnen die Wissenschaftler kategorisch ab. „Das hohe Risikopotential der Atomenergienutzung sowie die enge Verbindung militärischer und ziviler Atomenergieanwendung und die ungelösten Probleme der Entsorgung machen diesen Energieträger zu einem ungeeigneten Lösungsinstrument“, heißt es in dem Memorandum. Dagegen seien der effiziente Einsatz konventioneller Energieträger, das Ausschöpfen von Energieeinsparpotentialen, der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und ein steigender Einsatz regenerativer Energiequellen „entschieden kostengünstiger“. Künftig gehe es um die „Balance zwischen einem ökologischen Gleichgewicht und einer ökonomischen Umorientierung“. Dabei sei es unabdingbar, die Bürgerinnen und Bürger stärker als bisher in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen: „Wir drängen die Regierungen in der Sowjetunion und der Bundesrepublik, die demokratischen Mitwirkungsrechte für die bevölkerung auszuweiten, um die Entwicklung beider Gesellschaften unter dem Dach des europäischen Hauses in einem ökologischen Sinne zu ermöglichen.“

Das Ökoinstitut und die Assoziation Ökologie und Frieden einigten sich im Verlauf der Tagung auf eine Ausweitung ihrer Arbeitskontakte und die Einbeziehung weiterer Initiativen. Konkret wurde vereinbart, den Daten- und Informationsaustausch im Bereich Ökologie und Umwelt zu forcieren.

gero