Die Anderen: Le Monde / La Repubblica: zur DDR-Lage / The Times: Antarktis-Konferenz

Le Monde

Die unabhängige Pariser Zeitung schreibt zur Einschätzung des neuen SED-Chefs Krenz:

Abgesehen von den anscheinend unerschütterlichen Todor Schiwkoff und Nicolae Ceausescu hat sich die politische Klasse der sozialistischen Länder jetzt ernsthaft verjüngt. Aber der Gorbatschow-Effekt kann manchmal bei der Verjüngung an seine Grenzen stoßen, wie man in der CSSR sieht, wo die Unterdrückungspolitik von Jakes der ihres Vorgängers in nichts nachsteht. Wird Egon Krenz, die neue Nummer Eins Ostdeutschlands, ein Grosz oder ein Jakes? Wenn angesichts von Krenz‘ ersten Erklärungen und des Fehlens neuer Gesichter im SED-Politbüro der Vergleich mit Jakes auch verlockender ist, so kann der Weg von Karoly Grosz den Ostdeutschen doch viele Lehren geben. Im Augenblick seiner Wahl an die Spitze der PSOH wurde Grosz als orthodoxer Kommunist eingeschätzt. Aber er hat dem Reformdruck im Inneren und außerhalb der Partei nicht widerstehen können. Praktisch gegen seine eigene Überzeugung hat er nach und nach erst das Mehrparteiensystem akzeptiert, dann die Rehabilitierung Imre Nagys, eine fast totale Meinungsfreiheit im Lande und so weiter. Er wurde tatsächlich der Generalsekretär des Übergangs zur Demokratie. Dieses Schema hat man in Warschau wie in Budapest offenbar auch für Krenz im Auge.

La Repubblica

Die linke römische Tageszeitung kommentiert die Lage in der DDR.

Enttäuschung herrscht in der DDR über die Wahl des Nachfolgers von Honecker. Die Opposition in Ost-Berlin ist auf der Suche nach einem charismatischen Führer, der in der Lage ist, den Protest der Arbeiter und Studenten zu führen. Das andere Deutschland möchte einen Walesa. Egon Krenz, wegen seiner politischen Laufbahn und seiner persönlichen Qualitäten, ist nicht der Mann, der die Hoffnungen tragen kann.

Man sagt in der DDR, Krenz sei derselbe, der als Sekretär des FDJ jede Meinungsfreiheit und Initiativen abgewürgt hat, der das Blutbad in Peking billigte, der alle antireformistischen Bestrebungen Honeckers unterstützte. Wenn der Nachfolger Honeckers der Dresdner Parteisekretär Modrow oder der Leipziger SED-Sekretär Schumann gewesen wäre, hätten die Menschen dies als Signal empfunden. Nun aber fühlen sie sich betrogen. Die Menschen glauben, daß rasche, konkrete Änderungen notwendig sind.

The Times

Die konservative britische Tageszeitung befaßt sich mit der Pariser Antarktis-Konferenz.

Eine Vereinbarung von 1988 sah die Erlaubnis zur Erforschung und zum Abbau von Mineralien in der Antarktis vor, allerdings nur unter strikten Bedingungen. Die Gefahr für die Antarktis geht nicht von dieser Vereinbarung aus, sondern von der Entscheidung Frankreichs und Australiens, in diesem Jahr die Umwandlung der Antarktis in einen Wildnispark und das völlige Verbot der Ausbeutung zu fordern. Dieser Vorschlag ist ein Beispiel dafür, daß das Beste der Feind des Guten sein kann.

Bei dem bestehenden Bevölkerungswachstum ist es unrealistisch anzunehmen, die Bodenschätze der Antarktis würden nie berührt. Deshalb ist es unumgänglich - wie die USA und Großbritannien ausführten -, den Antarktis-Vertrag durch die Ratifizierung der 1988er Vereinbarung zu stärken. Es sollten jetzt alle Anstrengungen unternommen werden, um Frankreich und Australien davon zu überzeugen, daß ihr Vorschlag dem jungfräulichen Kontinent eher schadet als nutzt.