Senat zückt Rotstift

■ Klausurtagung zur Bevölkerungsentwicklung / Momper: Sparmaßnahmen nötig / Wohnungsbauprogramm auf 35.000 neue Wohnungen aufgestockt

Einen harten Sparkurs hat der Senat in einer Klausurtagung beschlossen, die sich mit den Auswirkungen des starken Bevölkerungswachstums in Berlin befaßte. Der Regierende Bürgermeister legte gestern vor Journalisten detaillierte Ergebnisse der Tagung dar, die seinen Zwischenbericht vom Samstag konkretisierten. Neben den Kürzungen der besonderen Berliner Leistungen für Aus- und Übersiedler wurde beschlossen, das Wohnungsbauprogramm von bisher 28.000 auf 35.000 Wohnungen aufzustocken. Über die Hälfte davon sollen im sozialen Wohnungsbau errichtet werden. Bebaut werden sollen vor allem kleinteilige Flächen, die städtebaulichen Gutachten dafür sollen ab 1990 vergeben werden. Allein für das Jahr 1990 ist ein zusätzliches Finanzaufkommen von 55 Millionen Mark nötig, um das Wohnungsbauprogramm zu finanzieren. Die Netto-Neuverschuldung, so Momper, werde dauerhaft bei 1,4 Milliarden Mark liegen. Genauere Finanzierungsmodelle wollte Momper nicht vorlegen.

„Die großen Aufgaben, die auf Berlin zukommen, machen es nötig, in einzelnen sozialen Bereichen zu sparen und enger zusammenzurücken.“ Dies gilt u.a. für den pädagogischen Bereich. Der Personalmehrbedarf, der durch steigende Schülerzahlen entstehen wird, soll nur zur Hälfte durch Neueinstellungen gedeckt werden, ansonsten durch „Umschichtungen“. Im Bereich der Kitas sollen, wie geplant, in dieser Legislaturperiode neue 10.000 Plätze entstehen, zusätzliche „finanzwirksame pädagogischen Verbesserungen für die ErzieherInnen“ seien aber nicht finanzierbar.

Um dem Problem der Obdachlosigkeit zu begegnen, unter dem zur Zeit etwa 12.000 Menschen leiden, sollen im Winter die Bunker geöffnet werden. Für zu betreuende Obdachlose werden kurzfristig 1.000 neue Heimplätze errichtet.

Im Bereich der Asylpolitik sollen Aussiedler aus Ostblockstaaten, in denen durch erkennbare Reformen kein „Vertreibungsdruck“ mehr bestehe, nach Ablehnung zurückgeschickt werden. Betroffen seien im Moment Polen, Ungarn und die Sowjetunion, so Momper. Auf Anfrage korrigierte er, die Sowjetunion sei in diesem Zusammenhang falsch. Wie eine Sprecherin der Sozialverwaltung gegenüber der taz betonte, sei dies für Berlin im Alleingang gar nicht zu entscheiden. Der Senat könne allenfalls in Bonn initiativ werden, um eine entsprechende Änderung der Vertriebenengesetze zu erreichen. In der Sozialverwaltung seien außerdem nur polnische Asylbewerber bekannt, die allerdings über 60 Prozent der diesjährigen neu gestellten Asylanträge ausmachten.

kd