REPs fest im Sattel

Zum jüngsten Wahlerfolg der „Republikaner“ in Baden-Württemberg  ■ K O M M E N T A R

Vor rund neun Jahren gab es unter Wahlforschern ein geflügeltes Wort: Die Grünen könnten auch einen Besenstiel aufstellen, die Partei würde mindestens 6 Prozent bekommen. Kein Chaos bei den Grünen, keine Horrormeldung über die Vergangenheit der Funktionäre konnte die Wähler davon abhalten, ihr Kreuzchen bei den Grünen zu machen. Zumindest auf dieser Ebene scheint sich nun ein spiegelbildlicher Prozeß auf der Rechten abzuspielen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem REP-Funktionäre sich nicht hemmungslos desavouieren, kaum ein Landesverband, der sich nicht schon gespalten hat oder vor der Spaltung steht - Korruption der Parteiführung noch inklusive. Trotzdem sammeln die REPs Prozente, wo immer sie antreten. Vor zwei Wochen in Nordrhein-Westfalen und an diesem Wochenende in Baden-Württemberg holte die Schönhuber -Truppe zum Teil sogar zweistellige Ergebnisse. Und das trotz einer politischen Situation, in der die „deutsche Frage“, vor einem Jahr noch ein Thema, das den REPs höchstens von den Vertriebenenverbänden streitig gemacht wurde, wieder in aller Munde ist. - Die Wahlforscher halten allerdings einen Trost bereit. Mit der Binsenwahrheit, Kommunalwahlen seien keine Bundestagswahlen, wird davor gewarnt, die letzten Wahlergebnisse der REPs einfach hochzurechnen. Genau zum richtigen Zeitpunkt veröffentlichte das ZDF gestern eine Meinungsumfrage, nach der die regierende Koalition wieder vorne liegt und die REPs keine Chance hätten, in den Bundestag zu kommen. Entwarnung vor Rechtsaußen also?

Die bisherige Erfahrung zeigt aber zweierlei: Demoskopische Beruhigungspillen werden höchstwahrscheinlich ein böses Erwachen zum Ergebnis haben, und die bisherige Strategie, den Wählern zu zeigen, welch dumpfer Haufen die REPs doch sind, zieht auch nicht. Es wird uns nichts anderes übrigbleiben, als die Existenz eines stabilen rechtsradikalen Potentials endlich ernst zu nehmen, in der Gewißheit, daß gesellschaftliche Veränderungen auch erkämpft werden müssen. Dazu gehört, klar zu sagen, was welche Partei will und wie sie es durchsetzen will. Mit dem Schielen auf Konsens und den gewohnten Mogelpackungen läßt sich niemand mobilisieren und kein REP-Wähler zurückholen.

Jürgen Gottschlich