Neue Vorwürfe gegen Bleihütte

Untersuchungen bestätigen Blutbildbelastungen der Kinder in Braubach / Landesregierung hielt monatelang Studie der Universität Mainz zurück / Arsen aus der Abfallhalde dringt vor  ■  Von Joachim Weidemann

Mainz (taz) - Die Bleibelastung aus der Blei- und Silberhütte Braubach (BSB) stört nachweislich die Blutbildung der dort wohnenden Kinder. Einen entsprechenden Bericht über 50 getestete Kinder, den das Institut für Arbeits- und Sozialmedizin an der Universität Mainz verfaßt hat, stellte Peter Seel vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) gestern vor. Laut Seel lag diese Untersuchung der Landesregierung in Mainz bereits seit Frühjahr 1989 vor, wurde aber bislang zurückgehalten.

Bei 34 Prozent der 50 Braubacher Kinder, so die Diagnose der Mainzer Mediziner, war das Enzym, das zur Bildung des roten Blutfarbstoffes notwendig ist, stark vermindert. Die Vorstufe des Farbstoffs reicherte sich dagegen mangels Weiterverarbeitung im Blut deutlich an.

Die nach diesem Resultat und den hohen Blut-Bleiwerten nötigen neurologischen Tests konnten indes von der Uni Mainz bisher nicht durchgeführt werden, da, so der BUND, „von Seiten der Landesregierung keine Sach- und Personalmittel zur Verfügung gestellt wurden“. Dabei hatte der Mainzer Umweltminister Alfred Beth (CDU) noch Anfang Oktober von „vorbeugendem Gesundheitsschutz“ geredet und zugleich Sanierungsmaßnahmen der BSB versprochen.

Die bisherigen Sanierungspläne in Braubach sind dem BUND nicht gründlich und konsequent genug. Die Schadstoffe im Schwebestaub rund um die BSB seien fahrlässig gemessen worden. Sonderprüfungen - etwa für Arsen - seien nötig.

Sofort schließen will der BUND die Abfallhalde, auf der das Braubacher Hüttenwerk arsenhaltige Abfallschlacke aus der Akku-Aufbereitung lagert. Die Arsenbelastung durch die Halde habe sich „weiträumig nach Westen ausgedehnt“. Die geplante Abdichtung der Halde durch eine 60 Meter lange, bis zu acht Meter tiefe Wand könne nur als Notmaßnahme gesehen werden. Das Land will offenbar die Stillegung der Halde zwei oder drei Jahre hinauszögern, bis die BSB ihre Produktion umgestellt hat. Peter Seel: „Wenn der BSB-Betreiberin, der Metallgesellschaft, etwas an der Gesundheit der Kinder liegt, dann müßte sie von sich aus handeln.“