Kohls Museumstraum wackelt

■ Senat beschloß Museumskonzept: Deutsches Historisches Museum soll nicht sammeln - und braucht nicht unbedingt einen Neubau / AL: Ein „Durchbruch“

Das Deutsche Historische Museum hat jetzt ein Konzept. Gestern beschloß der Senat einen „offenen Handlungsrahmen“, der den Vorstellungen und Forderungen der Alternativen Liste in wichtigen Punkten Rechnung trägt. Nach der jetzt vorgelegten Konzeption ist der ursprünglich vorgesehene Auftrag zum Sammeln von Ausstellungsstücken gestrichen. Wechselausstellungen sollen zwei Drittel der Arbeit des Museums einnehmen. Ein weiteres Drittel wird der Geschichtschronologie in „Themen- und Vertiefungsräumen“ gewidmet sein, erklärte gestern Kultursenatorin Martiny. Die Wechselausstellungen sollten nicht immer in Berlin, sondern auch in den Bundesländern gezeigt werden. Auch der Name „Deutsches Historisches Museum“ steht wieder zur Disposition. Eine mögliche Alternative wäre „Forum für Geschichte und Gegenwart“. Stärker als im Bericht der Sachverständigenkommission vom Juni 1987 will die Senatorin nun die „europäische Komponente“ betonen. Die deutsche Geschichte sollte auch aus der Perspektive der Nachbarstaaten betrachtet werden. Die Geschichte der sozialen Bewegungen und der Frauen will der Senat in „besonderer Weise hervorheben“.

Entgegen der alten Senatsvorlage ist die „Gebäudefrage“ nun wieder völlig offen. Denkbar ist jetzt sowohl ein Neubau als auch eine Kombination aus Neubau und einem bereits vorhandenen Gebäude. Auch die Möglichkeit, gar nichts neu zu bauen, läßt das jetzige Konzept zu.

Die kulturpolitische Sprecherin der AL Sabine Weißler nannte den Senatsbeschluß gestern einen „Durchbruch“. Das jetzt vorgelegte Konzept für ein „Geschichtsforum“ müsse neue Formen der Geschichtsarbeit ausprobieren, die der politischen Entwicklung in Europa Rechnung trägt. In der heutigen Zeit sei es nicht denkbar, ein auf Nationalstaatlichkeit orientiertes Museum zu konzipieren. Mit dem Konzept hat der Senat gestern den ersten Teil des in der Koalitionsvereinbarung festgelegten Prüfauftrags erfüllt. Jetzt stehen noch die Standortfrage und das Architekturkonzept aus. Umweltsenatorin Schreyer hat für Freitag ein Hearing zum Standort angekündigt.

Über den Vorschlag von Bausenator Nagel, den Bau des Museums zurückzustellen und mit dem Geld die dringend benötigten Wohnungen zu bauen, hat der Senat gestern nicht diskutiert. Verbaut ist er durch den neuen Beschluß aber nicht.

bf